Fa. I. Ginzkey - 4

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4. Die Firma in der groβen Krise.

Das Wissen über dieses Kapitel der Firmengeschichte verdanke ich einem Brief von Prof. Dr. Wilhelm E. Mallmann, Sohn von Alfred W. Mallmann. Ich gebe diesen etwa im Wortlaut wieder:

Für die Firma I. Ginzkey bedeutete die Zerstörung der Österr.-Ungarischen Monarchie einen schweren Einschnitt, ebenso wie für die gesamte Industrie in den Sudetenländern. Die Monarchie war ein so groβes Wirtschaftsgebiet, daβ selbst eine Firma wie I. Ginzkey mit dem damaligen Inlandsgeschäft auskommen konnte. Abgesehen von der Reichenberger Detailniederlage wurde die gesamte Monarchie über Wien beliefert. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Firma I. Ginzkey Wien gegründet, jetzt nur noch für die Vertretung im kleinen Österreich. Die Wiener Niederlage stand seit dem Beginn der zwanziger Jahre unter der Leitung von Herrn Alfred Ginzkey. Die Vertretungen in den Nachfolgestaaten wurden nun von Maffersdorf direkt beliefert. Ein guter Kunde war mit Kriegsende weggefallen, nämlich Ruβland. Mein Vater hatte vor 1914 verschiedene groβe Reisen nach Ruβland unternommen und gute geschäftliche Beziehungen anknüpfen können. Der von der CSR bevorzugte Wirtschaftspartner wurde Frankreich. Diese hatte aber wie Deutschland selbst eine eigene, gut ausgebaute Teppichindustrie. In den zwanziger Jahren konnte noch viel exportiert werden, vor allem nach den USA und nach Groβbritannien. Ein Londoner Groβkunde kam jedes Jahr zu Besuch nach Maffersdorf. Auch das Italien-Geschäft ging immer gut, dank des bestens eingeführten Vertreters in Mailand, des Herrn Frederico Fousek. Vor allem die Einrichtung groβer Hotels mit allen Teppichen und Decken, war immer ein lohnender Auftrag. Nach Frankreich wurden nur in Sonderfällen wertvolle Handknüpfer geliefert, z.B. für das Elysée, die Residenz des französischen Staatspräsidenten. ( Als die Prager Regierungsbehörden Teppiche für einen Trakt des Hradschin benötigten, bestellten sie diese bei einer französischen Firma. ) Neben dem Export lief auch das Inlandsgeschäft noch gut, dank dem tüchtigen Leiter der Prager Vertretung, des Herrn Viktor Zieger.

Diese noch halbwegs günstige Lage dauerte bis zum Herbst 1929, dem Beginn der groβen Krise. Zuerst fiel Groβbritannien weg. Im Laufe des Jahres 1930 versiegte auch der Export nach den Vereinigten Staaten. Es blieben noch die Schweiz und Italien. In Polen, Rumänien, Ungarn, Österreich und Jugoslawien lief das Geschäft denkbar mühsam. 1931 war der Geschäftsgang schon denkbar ungünstig, es gab Tage, an denen überhaupt kein Auftrag einging. Die Prager Regierung dachte gar nicht daran, die Industrie in den Sudetengebieten zu fördern, da diese eben zum gröβten Teil in sudetendeutschen Händen war. Viele Industrieunternehmen , auch I. Ginzkey, waren gezwungen, bei den Banken Kredite aufzunehmen. Das sollte sich nun in der Krise fatal auswirken.

Im Mai 1932 begann der Angriff der Banken gegen die Firma I. Ginzkey. Die Anteile der damaligen Inhaber wurden von den Banken vereinnahmt, die Firma sollte in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Als Präsident des Aufsichtsrates war mein Onkel Willy Ginzkey vorgesehen, mein Vater sollte Generaldirektor werden. In Wirklichkeit wurde die Firma niemals eine Aktiengesellschaft, das hatte mein Vater zum Glück verhindern können. Man hatte sofort erklärt, die Umwandlung dürfe nur dann erfolgen, wenn das Finanzministerium die steuerfreie Durchführung genehmigen würde. So waren die Jahre nach 1932 für meinen Vater sehr schwer, denn eine Umwandlung hätte groβe Gefahren für den Betrieb, die Maffersdorfer Arbeiter und die Familie selbst mit sich gebracht.

Im Sommer 1938 erteilte das Finanzministerium in Prag die Genehmigung für die steuerfreie Umwandlung, doch dann war es zu spät. Nach dem Münchner Abkommen hat sich die Firma sehr rasch erholt, ab 1943 war sie schuldenfrei.


Notgeld der Fa. Ginzkey aus der Inflationszeit, 
welches zum Einkauf im Konsum berechtigte

 

Copyright © by Inge Schwarz 1994 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND