Ein Blick auf die Kirchen der Umgebung

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Ein Blick über den Kirchturm hinaus

 

Die Aveglocken in Proschwitz und Neuwald.

 

Zunächst aus der Jäger-Chronik:

Da die Klänge der Kirchenglocken nicht zu jeder Zeit die Länge des Tales und alle Seitengründe zu durchhallen vermögen, so hat man in den entfernteren Teilen des Kirchensprengels sogenannte Aveglöcklein errichtet.

In Proschwitz vermachte zu Ende des vorigen Jahrhunderts der Bauer Melchior Hütter Nr. 59 in seinem Testamente 40 Gulden zur Errichtung eines solchen Glöckleins. Der Platz neben diesem Hause, welches auf einem gegen Nordwest steil abfallenden Hügel steht, war hiezu vortrefflich geeignet, und mit Beihilfe anderweitiger Guttäter kam 1791 die Errichtung des Glockengestells zustande. Das Glöcklein ward dem hl. Aloisius geweiht, dem der Scholtes Lammel in der Kirche einen Altar errrichtet hatte und der deshalb als der Schutzpatron von Proschwitz angesehen wird. Das bezeichnete Bauernhaus nennt man aber seitdem "beim Glöckelbauern".

An einem Sonnabend des Jahres 1837 warf ein mutwilliger Knabe während des Abendläutens einen Stein auf die Glocke, so daβ sie zersprang. - Im darauffolgenden Jahr ward sie in Prag umgegossen und wieder an ihre Stelle gebracht. Sie wiegt 99 Pfund.

In Neuwald gibt es auf dem Feldgarten Nr. 20 einen ähnlichen, gegen das Haupttal und einen Seitengrund steil abfallenden Hügel, welcher nach dem einstmaligen Besitzer jenes Hügels, Tobias Fiebiger, gemeiniglich der Tobisberg genannt wird.

Den Sohn jenes Tobias, Franz Fiebiger, treffen wir im Kapitel von der Industrie als ersten Steinmetz in Neuwald. - Als derselbe durch dieses sein Geschäft wohlhabend geworden war, drängte ihn sein frommer Sinn, aus Dankbarkeit für Gottes Segen neben seinem neu und massiv erbauten Hause eine Marienkapelle mit einem Glöcklein zu errichten. Der damalige Pfarrer Ludwig, dem er seinen Plan vortrug, mochte aber auf die Idee nicht eingehen; er nannte das Winkelandachten, wodurch der Mutterkirche Abbruch geschehe, - ebenso war dieser Pfarrer auch gegen das Wallfahren eingenommen. - Da meiβelte Fiebiger ein steinernes Postament und errichtete im Jahre 1831 darauf ein Kruzifix.

Der Wunsch nach einem Aveglöcklein in Neuwald war aber deswegen nicht erloschen, und das Projekt wurde nach Fiebigers Ableben von Wollhändler Josef Wagner Nr.39 wieder aufgenommen. Der Tobisberg war jedenfalls die passendste Stelle dafür, und die daselbst stehende groβe Linde hätte sogar das Glockengestell entbehrlich machen können. Mehrmaliger Besitzwechsel und die Gleichgültigkeit der neuen Eigentümer verzögerten jedoch die Ausführung. Da hatte Anton Schwarzbach Nr.7 ein Traumgesicht, welches ihm das fragliche Glöcklein auf seiner Scheuer erscheinen lieβ. Er trat hierauf mit Wagner ins Einvernehmen und dieser, der öfters nach Prag um Wolle fuhr, bestellte daselbst beim Hofglockengieβer Bellmann eine Glocke und brachte sie 1843 mit nach Hause. Diese dem hl. Nepomuk geweihte Glocke ist 109 1/2 Pfund schwer und kostete 100 Gulden 15 Kreuzer.

So weit der Schall der Glocke reichen konnte, wurden dafür Beiträge gesammelt, und dieselbe wurde sofort über dem Scheuerdache aufgehängt. Die Stelle ist jedoch nicht so zweckentsprechend wie der Tobisberg, da der Schwarzberg, auf welchem jenes Haus steht, ganz am Ende des Dorfes liegt. Nachdem die neue Glocke einige Jahre später dem Anton Schwarzbach zu Grabe geläutet, folgte ihm sein Sohn Josef im Besitze des Hauses. Dieser bemerkte mit Miβvergnügen, daβ durch die Erschütterung des Läutens der Dachstuhl seiner Scheuer leide; auch mochte die regelmäβig wiederkehrende Mühe des Läutens ihm keineswegs angenehm sein. Darum nahm er die Glocke herab und lieβ sie längere Zeit auf dem Bodenraume ruhen. Nach einer überstandenen Krankheit (man sagt hiedurch veranlaβt) machte er aber Anstalt, mit Hilfe eingesammelter Beiträge einen Glockenstuhl zu errichten und die Glocke auf demselben wieder in Aktivität zu setzen.

Als Jäger seine Chronik abschloβ, war die kleine Kapelle also noch nicht fertig.

Im ersten Weltkrieg muβten beide Glocken abgeliefert und eingeschmolzen werden. Von der Proschwitzer Aveglocke ist dann nichts mehr bekannt.

Von dem Neuwalder Aveglöcklein ist 1925 wieder zu hören. Da wird eine neue Glocke eingeweiht. Auf ihrem Mantel stehen die Worte: 

ES WALTE FRIEDE !

Lassen Sie sich von der Festschrift zum 25. Oktober 1925 zurückführen.

 


Wie so viele Kirchenglocken der hiesigen Gegend war auch die Aveglocke in Maffersdorf-Oberdorf ein Opfer des Weltkrieges geworden, und seit dieser Zeit stand das Glockenhaus am Scheffelberge verwaist da.

Die Anschaffung neuer Glocken in der Maffersdorfer Pfarrkirche lenkte den Sinn des Groβindustriellen Carl Wagner auf das leerstehende Glockenhaus, und nachdem sich eine Sehnsucht nach dem Avegruβe vom Scheffelberge in vielen Herzen bereits geäuβert hatte, nahm Herr Carl Wagner in dieser Sache mit einigen Ortsbewohnern Rücksprache, was zur Bildung eines Glockenkomitees führte, das eine Sammlung einleitete, und nachdem ein ziemlicher Betrag beisammen war, wurde am 14. Juli 1925 bei der Firma Richard Herold in Komotau die Glocke bestellt, von wo sie nach langem Warten am 10. Oktober anlangte. Dieselbe ist in der Stimmung "gis", hat ein Gewicht von 61 Kilogramm, ist auf der einen Seite mit dem Bildnisse "Geburt Christi" geschmückt, auf der anderen Seite trägt sie den Spruch: "Es walte Friede". Einschlieβlich der Fracht stellt sich der Kostenpreis der Glocke auf 2118,98 tschechische Kronen.

Inzwischen war das Glockenhaus renoviert worden, wie auch um dasselbe und vom Fahrwege aus zu demselben Grund im Ausmaβe von 49,90 m² erworben wurde, um einen gesicherten Zugang zu dem Glockenhause zu haben, welchen Grundkauf Herr Carl Wagner aus eigenen Mitteln deckte, und so konnte am 25. Oktober 1925 die Weihe der Glocke vorgenommen werden.

Die Glocke wurde geweiht vom Hochw. Herrn Pfarrer Peter Bichler in Maffersdorf mit Assistenz des Hochw. Herrn Karl Sommer, Katechet in Maffersdorf, und in Anwesenheit der Glockenpatinnen, des Gesangsvereines "Frohsinn" in Proschwitz, des kath. Volksbundes von Maffersdorf und Proschwitz, vieler geladener Gäste sowie zahlreicher Beteiligung der hiesigen Bewohnerschaft und des Glockenkomitees, bestehend aus den Herren:

Gustav Appelt Willy Appelt
Josef Biemann Franz Ilchmann
Franz Löffler Josef Maschke
Josef Otte Josef Stefan
Johann Tschersofsky   Ernst Ulbrich
Karl Wagner Anton Weiβ

Die Teilnehmer an dieser Festlichkeit versammelten sich am genannten Tage nachmittags 1/2 2 Uhr im Fabrikshofe der Firma Carl Wagner u. Co., und gegen 3/4 3 Uhr setzte sich der Festzug unter Vorantritt der Musikkapelle des Adolf Knappe und des Katholischen Volksbundes aus Maffersdorf mit seiner Fahne an der Spitze in Bewegung. Auf dem festlich geschmückten Wagen waren kleine Mädchen um die Glocke gruppiert.

Beim Glockenhause angekommen, spielte die Musikkapelle einen Choral, worauf der Proschwitzer Gesangsverein "Frohsinn" durch Absingung des Liedes "Das ist der Tag des Herrn" zur Verschönerung der Feier beitrug. Komiteemitglied Gustav Appelt begrüβte hierauf die Erschienenen, und nun hielt Herr Pfarrer Bichler eine Ansprache, worauf die Weihe erfolgte.

Herr Heinrich Jäger aus Reichenberg gab nun eine Schilderung, wie er solche aus den nachgelassenen Aufzeichnungen seines verstorbenen Vaters, des Dorfchronisten Anton Jäger, entnommen hatte, über die Errichtung der ersten Aveglocke in Neuwald im Jahre 1843, die Herr Anton Schwarzbach in Nr.7 am Schwarzberge auf seiner Scheuer hatte anbringen lassen.

Für den Aufzug der Glocke hatte Herr Wilhelm Klassen alle Vorbereitungen getroffen, und es war 1/2 4 Uhr nachmittags, als die neue Glocke das erste Mal ihren Schall ins obere Neiβetal sandte.

Möge die neue Glocke von einem gleichen Schicksal, wie das ihrer Vorgängerin, bewahrt sein und der Spruch "Es walte Friede" nicht nur ihr Äuβeres zieren, sondern sich auch durch ihre eherene Zunge in die Herzen der Bevölkerung ergieβen und ihr Geläute dem Orte

Maffersdorf, den 25. Oktober 1925


1944

 

 

Radl - Wie aus einem Aveglöcklein eine Kirche wird.
(nach A. Jäger)

Um 1710 lebte in Radl ein frommer, kinderloser Mann, namens Elias Hübner. Im Jahre 1724 schaffte er ein Aveglöcklein, welches etwa nach gewöhnlicher Art an einem Holzgestell neben seinem Hause inmitten des Dorfes aufgehängt wurde, auf daβ es "eine Stimme sei von oben", die den Dorfbewohnern zu den drei Tageszeiten den Ruf zum Gebet erteile.

Um diesem Glöcklein einen würdigen Ort zu verschaffen, entschloβ sich Hübner bald nachher zur Erbauung einer steinernen Kapelle, wozu der Reichenauer Pfarrer P. Josef Michalek am 16.7.1725 den Grundstein legte. Ein Jahr später wurde die Kapelle zu Ehren der allerheiligsten Dreifaltigkeit eingeweiht. 1730 erhielt die Kapelle Meβlizenz. Elias Hübner legte eine Stiftung von 120 Gulden an zur Erhaltung der Kapelle und für zwei Messen jährlich. Eine davon wurde am Patroziniumstag gehalten. In seinem Testamente vermachte er auch sein Wohnhaus zum Besten der Kapelle, welche dann von der Gemeinde 1746 erweitert und erneuert wurde.

Ab 1817 kam von Reichenau an allen Sonn- und Festtagen der zweite Kaplan, um den Gottesdienst zu halten. Die Kirchenparamente, also Altardecken, Meβgewänder, Kelch und Patene u.s.w. wurden von Wohltätern angeschafft. 1829 geschah nochmals eine Erweiterung des Gotteshauses, wobei auch der Turm erhöht und mit einer zweiten Glocke versehen wurde. 1833 erhielt der Turm seine Uhr und eine dritte Glocke, gespendet von Josef Maschke Nr.165. Um 1860 hatte die Kirche aber immer noch keinen eigenen Seelsorger, "wegen Unzulänglichkeit der Mittel", wie Jäger bedauert, da dann auch ein Pfarrhaus notwendig geworden wäre.

 

 

Die Maffersdorfer Bittprozession nach Kohlstatt

Die Kohlstätter Kapelle wurde 1799 durch den Goldschmied Anton Dittrich neben seinem Hause Nr. 23 erbaut. Sie wurde zu Ehren der "sieben Schmerzen Mariä" eingeweiht, und das Fest, welches alljährlich am 5. Sonntage nach Ostern gefeiert wird, versammelte jedesmal zahlreiches Volk auf der Höhe. Von Maffersdorf zog 30 Jahre lang eine von einem Geistlichen geführte Prozession hinauf, und der Maffersdorfer Schullehrer besorgte bei dem Gottesdienste die Musik. Für die alte Mutter Goldschmiedin war es immer eine groβe Ehre, die anwesenden Geistlichen bewirten zu dürfen. Sie hat es lange tun können, denn sie wurde mehr als 90 Jahre alt. Von Anton Dittrich und seinem Bruder Josef wurde nämlich erzählt, daβ sie mit ihren Frauen in der Kapelle eine Doppel-Goldene-Hochzeit gefeiert haben und diese trotz anderslautenden Aberglaubens lange überlebt haben. Jäger schreibt: Diese kleinen Leute haben bei Schwarzbrot, Kartoffeln und Mehlsuppe ein groβes Alter erreicht. Der Herr lieβ sie lange leben auf Erden und gab ihnen das groβe Gut - Zufriedenheit.

 

 

Röchlitz - wohl die älteste Kirche der Gegend

Die Röchlitzer Kirche - wahrscheinlich von den Bibersteinern gegründet - war schon 1384 Pfarrkirche. Die erste Kirche war eine Nikolauskirche, sie stand jenseits der Meiβe oberhalb der Scholzerei und daneben ein Kloster der Tempelherren. Beides wurde im Hussitenkriege zerstört.

Anfang des 17.Jahrhunderts erbauten die von Redern an der Stelle der heutigen Kirche ein hölzernes Gotteshaus, an dem protestantische Seelsorger bis 1624 wirkten. 1652 wurde die katholische Pfarrei wieder errichtet und 1657 eine neue, steinerne Kirche erbaut. 1680 wurde der hölzerne Glockenturm durch den steinernen ersetzt, der dann 1692 vollendet war. Johannes der Täufer und Barbara sind die Patrone der Kirche. Viele Maffersdorfer sind in dieser Kirche getauft worden, denn auch als Maffersdorf seine uns bekannte Kirche schon hatte, blieb sie noch ein halbes Jahrhundert Filialkirche von Röchlitz. Die Maffersdorfer Kirche hat sogar einmal von einem Röchlitzer Pfarrer 100 Gulden geerbt. Das war 1707, als Pfarrer Chrisostomus Kretschmer nach 41 Jahren harter und mühvoller Arbeit in seinem groβen Kirchsprengel ohne Testament verstarb. Das Erbteil der Röchlitzer Pfarrei, 935 Gulden 40 Kreuzer, wurde zur Erweiterung und Renovierung der Röchlitzer Kirche verwendet.

 

 

Die Heilig-Geist Kirche zu Reinowitz

Sie war schon vor dem 30jährigen Krieg Pfarrkirche mit den eingepfarrten Dörfern Luxdorf, Gränzendorf und Friedrichswald. Kirche und Dorf wurden 1634 durch die "Bourdewaldischen Völker" verbrannt. Nach dem Kriege wurde zunächst eine hölzerne Notkirche gebaut, die bis 1700 bestand. Da wurde sie abgetragen und um 20 Gulden nach Johannesberg verkauft. Im selben Jahre wurde durch den Baumeister der Maffersdorfer Kirche, den Prager Marcus Antonius Canivalle, die neue Kirche erbaut. Er scheint also beide Aufträge nebeneinander ausgeführt zu haben. 1708 kam die Gränzendorfer Glocke nach Reinowitz. Als nach Sturmschäden 1747 Knopf und Kreuz wieder aufgesetzt wurden, schrieb der Lehrer Johann Franz Möldner die Denkschrift für den Knopf. Die Kirche war Filialkirche von Reichenberg und Röchlitz, von 1764 bis 1786 von Maffersdorf. P. Karl Trenkler, Kaplan in Röchlitz, wurde ihr erster Pfarrer mit 300 Gulden Jahresgehalt aus dem Religionsfond. 1787 wurde der Grundstein für das Pfarrhaus gelegt, zu dessen Erbauung aus dem Vermögen der Maffersdorfer Kirche 441 Gulden 34 Kreuzer genommen wurden, von jenem der Reinowitzer Kirche 200 Gulden.

 

 

Die Kreuzkirche in Reichenberg

Auch zu dieser Kirche besteht eine Verbindung über den Baumeister Canivalle. Nach der Pest von 1680 lieβ der Graf Franz von Gallas auf dem Pestfriedhofe eine Begräbniskirche errichten. Baumeister war M. Antonius Canivalle. 1695 wurde der Grundstein gelegt. Die Einweihung zu Ehren des hl. Kreuzes geschah am 1. Mai 1698. Eine kunstvoll aus Holz geschnitzte Statue der schmerzhaften Mutter Jesu kam als wichtigster Gegenstand der Verehrung in diese Kirche. Dieses Bildnis hatte Graf Franz von Gallas 1658 aus England mitgebracht, in der Friedländer Schloβkapelle verwahrt und nachher bis zur Übertragung in die Reichenberger Kreuzkirche in der Haindorfer Kirche zur Verehrung ausgestellt. Es soll 1506 von einem englischen Bildhauer gearbeitet, bei einem Bildersturme nebst anderen Heiligenfiguren in die Themse geworfen, von einem frommen Kaufmanne aus dem Wasser gezogen und lange geheim verehrt worden sein. In der Reichenberger Kirche erweckte dieses Bildnis ganz besonders die Andacht der Gläubigen. So bereitete sich das Begräbniskirchlein allgemach zur Wallfahrtskirche. Ab 1744 wurde das berühmte Reichenberger Schmerzensfest gefeiert, welches an Glanz und Pracht weit und breit seinesgleichen nicht hatte. Eine überaus prunkvolle Prozession von mehreren 1000 Menschen bewegte sich unter Anführung der Geistlichkeit mit Beteiligung der Zünfte und Bruderschaften von der Dekanalkirche zur Kreuzkirche. Von 1752 wird berichtet, daβ 72 Fahnen, 8 Statuen, 11 Paukenschläger, 66 Trompeter, 256 Jungfrauen, 70 bildtragende Jungfrauen, 20 Jünglinge, 24 Genien, 7 Husarenknaben, 52 Ministranten, 33 Priester und 52 Jüngste aus der Bürgerschaft mit Ober- und Untergewehr teilnahmen und das Fest drei Tage dauerte. Der Andrang zu der Kirche war so groβ geworden, daβ eine Erweiterung notwendig wurde. Dies geschah 1753, der Baumeister war dieses Mal Johann Josef Kunze. Er brachte die Kirche nach dem Vorbilde der Haindorfer Kirche 1756 zur Vollendung.

Innerhalb der Maffersdorfer Pfarrei gab es natürlich nicht nur Katholiken. In der Heimatskunde Band 2 heiβt es: "Dem Religionsbekenntnis nach sind die Bewohner überwiegend röm. katholisch; nur eine geringe Anzahl bekennt sich zum evangelischen Glauben." Sie gingen entweder nach Gablonz oder Reichenberg zur Kirche. Das Verhältnis der beiden Bekenntnisse zueinander scheint - abgesehen von der Zeit der Reformation und Gegenreformation - gut gewesen zu sein. Das ist auch aus dem folgenden (gekürzten) Text der Jäger-Chronik zu entnehmen:

 

 

Die protestantische Kirche in Gablonz

Das am 13. Oktober 1781 von Kaiser Josef II. erlassene Toleranzpatent gab den Nichtkatholiken in den österreichischen Staaten wieder volles Staatsbürgerrecht, die Freiheit des Gottesdienstes und die Freiheit der Arbeit. Als nun zu Anfang des 19. Jahrhunderts Industrie und Gewerbe, in Reichenberg besonders die Tuchmacherei, einen lebhaften Aufschwung nahmen, wanderten aus Sachsen und Preuβisch-Schlesien zahlreiche protestantische Tuchmacher ein. In dieser Zeit (1808) war aus dem Dorf Gablonz ein Marktflecken geworden, und der damalige Marktrichter Stracke begriff, daβ die Verpflanzung eines neuen, in der Blüte begriffenen Gewerbes für den Aufschwung des Ortes von Vorteil sein müsse; darum leistete er den fremden Zuzüglern allen Vorschub und lieβ ihnen die möglichste Aufmunterung zuteil werden. In der Zeit lebte in Gablonz der Vikär P. Josef Ultsch, ein Priester von wahrhaft apostolischem Charakter und unbegrenzter Menschenliebe. Ihm gefiel der religiöse Sinn der eingewanderten Protestanten, die zu Abendmahl und Predigten immer wieder über die sächsische Grenze gingen, also hier eine Herde ohne Hirten waren. Er wendete ihnen wie seinen katholischen Kirchkindern seine Sorge zu und empfahl ihnen seinen Jugendfreund, den Pastor Molnar aus Krischlitz, als Seelenhirten, welcher sofort bereit war, zeitweilig zur Abhaltung protestantischen Gottesdienstes nach Gablonz zu kommen. Pater Ultsch bot zu diesem Zwecke zunächst die katholische Kirche an, als aber der Pastor, um Ärgernis zu vermeiden, ablehnte, räumte der Vikär ein Zimmer seines Pfarrhofes. Dort wurde am 29. Juni 1818, dem Feste Peter und Paul, der erste Gottesdienst der evangelischen Gemeinde in Gablonz abgehalten. "Einige aus dem Pöbel, welche die Protestanten für verworfene Menschen hielten, sollen nun vom blinden Glaubenseifer gestachelt, auf Störung dieses Gottesdienstes gesonnen haben. - Als man sodann nichts vernahm als christliche Lehren, andächtiges Gebet und erbaulichen Gesang, löste sich dieser letzte Rest fanatischen Glaubenshasses in beifällige Befriedigung auf." (Ein Kommentar Jägers)

Später wurde der Sohn Pastor Molnars, Johann Molnar, in der evangelischen Gemeinde in Gablonz fest angestellt. Er wirkte auf den Bau eines eigenen "Bethauses" hin, wie es damals nur heiβen durfte. Viele einfluβreiche Mitglieder der Marktgemeinde unterstützten ihn dabei. Der Gustav-Adolf-Verein spendete reiche Gaben, in allen Ländern, wo Protestanten wohnen, sogar in England und Ruβland wurde für diesen Kirchenbau gesammelt. Zittau spendete 1100 Taler. Der Bau begann 1833. Am 20. Oktober 1838 wurde er eingeweiht. Dieses Haus stand dann 23 Jahre ohne Glockenturm, denn nur so war es damals gestattet. Was taten die katholische Gemeinde und Geistlichkeit ? Sie lieβen bei protestantischen Begräbnissen ihre Glocken läuten. Als das nach dem Konkordat verboten wurde, war das für die Gablonzer schmerzlich. Indessen waren andererseits die konfessionellen Schranken so weit niedergerissen worden, daβ man nun an die Erbauung eines Glockenturmes für die evangelische Kirche gehen konnte. 1861 war er fertig und 1864 wurden zwei Glocken eingetragen. In dieser Zeit wurden auch das Pfarrhaus und die evangelische Schule gebaut. 1862 haben sich die zahlreicher gewordenen Protestanten Reichenbergs von der Gemeinde Gablonz getrennt und eine eigene Kirche gebaut. 1864 zählte die evangelische Gemeinde in Gablonz dann noch 300 Seelen.

 

 

Die protestantische Kirche in Reichenberg
(Ressel, Heimatskunde Band 1 und 2)

Die neugebildete "evangelische Gemeinde Augsburger Bekenntnisses in Reichenberg" erlangte am 18. November 1862 hohenorts die Genehmigung. Zu ihrem ersten Seelsorger wählte sie den Hilfsprediger Gustav Walter aus Nürtingen bei Stuttgart. Seinem Nachfolger, Dr. Max Friedrich Geiβler aus Leipzig, oblag der Bau der Kirche. 1863 überlieβ Eduard Graf Clam-Gallas der Gemeinde einen Bauplatz in der Nähe der Pfarrwohnung auf dem Lindenplatz, und 1864 wurden der Bau von der Regierungsbehörde genehmigt und der Grundstein gelegt. Die Kirche wurde in den Jahren 1864 - 1868 nach den Plänen des Reichenberger Baumeisters Gustav Sachers von diesem und dem Baumeister Ferdinand Miksch im neuromanischen Baustile ausgeführt; die Steinmetzarbeiten besorgte die Firma Sitte und Kunze in Pankraz. 1863 wurde ein evangelischer Frauenverein gegründet, der sich die Ausschmückung des Gotteshauses zur Aufgabe gemacht hatte. Die drei Glocken und die Orgel waren ein Geschenk dieses Vereins. 1899 erfuhr die Kirche eine gründliche Renovierung, welche der Reichenberger Baumeister Eduard Beckert ausführte.

1904 zählte die evangelische Kirchengemeinde Reichenberg 2000 Mitglieder.

 

Zum Abschluβ eine kleine, wahre Geschichte, die vielleicht auch etwas von dem unverkrampften Verhältnis von Katholiken und Protestanten in unserer Gegend erzählt:

Ein kleines Maffersdorfer Mädchen hatte vor dem Schulgottesdienst aus Versehen Kaffee getrunken und war zur Kommunion gegangen. Damals war aber Nüchternheit vor dem Empfang des Sakramentes Gebot. Eine Freundin berichtete dem Katecheten Sommer davon. Dieser tadelte das Kind im nächsten Schulgottesdienst vor der Kirchengemeinde, vielleicht um eine allgemeine Belehrung daraus zu machen. Das Mädchen verlieβ weinend die Kirche und kam auch so statt in der Schule zu Hause an. Die Mutter fragte nach der Ursache. Als sie sie erfahren hatte, meinte sie: "No, dou brauchste doch ne flenn'n, dou war'n mr halt evangelisch." Und so geschah es und blieb es.

 

 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND