Die große Kolonisation

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6. Die groβe Kolonisation

In jener Zeit des Hochmittelalters waren die Randgebiete des böhmischen Kessels Tagemärsche breit mit Wald bedeckt, fast undurchdringlich. Einzelne ausgetretene oder ausgefahrene Wege nur führten hindurch, wie etwa der altberühmte Goldene Steig von Passau durchs Tal der Ilz oder die aus dem Schlesischen bei Liebau und Nachod. Über diese Wege ging nicht nur der Handel mit vielfältigsten Waren hin und her, auf ihnen kamen auch die Siedler ins Wald- und Bergland. Ihre Vorboten waren die Geistlichen, Kaufleute, Prinzessinnen, Adeligen und Mönche gewesen, die der böhmische Hof ins Land geholt hatte. Die deutsche Kolonisation setzte mit ungeheuerer Wucht um die Mitte des 13. Jahrhunderts ein. Sie erfolgte in drei parallel laufenden Strömen: als städtische, bäuerliche und bergmännische. Meist übernahm ein Lokator von dem Landes- oder Grundherren den Auftrag, den zugewiesenen Grund und Boden mit Kolonisten zu besetzen. In der Regel bedang er sich als Entgelt für seine organisatorische Arbeit das Erbrichteramt mit Schankkonzession aus. Die gegründeten Städte und Ortschaften unterlagen den Rechtsordnungen der Städte und Länder, aus denen die Siedler gekommen waren. Die Entwicklung und Verwaltung der deutschen Städte waren Vorbild für den Aufbau der böhmischen Städte. König Ottokar II. sah offensichtlich in der deutschen Kolonisation ein Mittel zur Zurückdrängung des Adels und zur Hebung seiner finanziellen und politischen Macht. Aber auch Städte ihrerseits riefen Kolonisten herbei und gründeten Dörfer, weil sie ein agrarisches Hinterland brauchten. Es entstanden daher fast überall Gruppen von Dörfern und Städten, weshalb sich das deutsche Volkstum rasch ausbreitete. Die Zuwanderung aus den verschiedenen Gegenden des Reiches ist der Grund für die verschiedenen sudetendeutschen Mundarten und Baustile etwa. Die Dorfnamen geben einen deutlichen Hinweis auf den älteren slawischen ( -itz) oder den jüngeren kolonisatorischen Ursprung ( -dorf, -berg, -wald ..). Aus der Tatsache, daβ der deutsche Lokator der Neugründung seinen Namen gab oder daβ die Kolonisten einen landschaftlich begründeten Namen wählten, während die slawische Bevölkerung an einem alten Burg- oder Flurnamen festhielt, erklärt es sich, daβ bei der später eingeführten Zweisprachigkeit oft gar keine Beziehungen zwischen dem deutschen und dem tschechischen Ortsnamen erkennbar wurden. Nordböhmen hatte vorwiegend Lausitzer Siedler, deren rollendes R durch die Jahrhunderte Merkmal geblieben ist. Viele Klöster und Orden wirkten an der Kolonisation mit.

STAMMLICHE VIELFALT - Die deutschen Mundarten in Böhmen und Mähren-Schlesien

Die deutsche Kolonisation, die Städtegründungen, die Erschlieβung der Silberfunde, und nicht zuletzt der Reichtum an anderen Erzen lieβen das Königreich Böhmen als das unbestreitbar bedeutendste Fürstentum im ganzen Reiche erscheinen, das seinen Einfluβ von der Ostsee bis zur Adria ausdehnte. Wer vermutet schon, daβ Königsberg eine Gründung Ottokars II. ist und sein Name im Wiener Stadtteil Ottakring steckt? Dem böhmischen Königreich kam natürlich auch die Schwäche des Reiches in der "kaiserlosen, schrecklichen Zeit" zugute. Auf dem Höhepunkt seiner Macht durchkreuzte die Wahl Rudolfs von Habsburg zum König seine Pläne. Im Kampf um die Macht unterlag und fiel er (Schlacht auf dem Marchfeld). Seinem Sohn und Enkel war kein Glück beschieden. Mit ihnen starben die männlichen Primisliden aus. Es begann eine unruhige Zeit. Unter Heinrich von Kärnten rissen bald anarchische Zustände ein. Es bekämpften sich Adel und Bürgertum und schoben den König wie eine Schachfigur hin und her. Die Bürger der Städte forderten ein Mitspracherecht im Landtag, der Adel verweigerte es ihnen. Das war der erste nationale Kampf um Böhmen, denn die Bürger waren Deutsche, der Adel zum gröβten Teil tschechisch.

 

 

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