Das Revolutionjahr 1848

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Das Revolutionjahr 1848

Ich möchte hier ein paar Sätze aus " Meine Bildungsgeschichte " von Anton Jäger einfügen, weil sie mir sehr interessant erscheinen. Er schreibt:

Ein neuer Abschnitt meines Lebens begann mit dem merkwürdigen Jahr 1848, welches mit dem Umsturze der politischen auch die gesellschaftlichen Verhältnisse gewaltig umrührte, und indem es manchen Hochgestellten zum Falle brachte, auch manchen Niedrigen aus der Verborgenheit hervorzog und zu verdientem oder unverdientem Ansehen brachte.

In der Zeit ward ich - bisher wenig bekannt und wenig beachtet - aus meiner Verborgenheit einigermaβen hervorgezogen.

Die politische Bildung unseres Volkes war natürlich gleich Null, und das Verständnis der Zeitereignisse daher sehr unvollkommen.

Einige bildungseifrige junge Männer standen zu mir, darunter der Lehrer Appelt, der Bäcker Hübner aus Dörfel, mein Schwager Josef Möller, der Werkmeister Kratzert, der später nach Texas ausgewanderte August Wagner, der Student Gerhard Hopf. Wir bildeten eine Art politischen Klub, welcher zeitweilig beim Dorfrichter Anton Schäfer in Maffersdorf zusammenkam. Schäfer war eines der eifrigsten Mitglieder dieses Klubs, ausgezeichnet durch Geist, Kenntnisse und Energie.

Sie gründeten dann den "Maffersdorfer politischen Leseverein" , dessen Obmann Appelt wurde (der Vater des Lehrers Alfred Appelt, dem wir so viel Wissen über Maffersdorf verdanken), Jäger war Schriftführer. Man traf sich alle Donnerstage. Der Verein spielte bis zum März 1849 eine wichtige Rolle. Jäger schreibt dann an anderer Stelle:

Indessen gab es auch in unseren Ortschaften einige Anbeter des alten Systems, welche sich bemühten, eine Gegenpartei zu bilden. Andere sahen scheel und miβmuthig auf das bewegte Treiben der Fortschrittler; so der alte Schullehrer Pischelt, der es nicht verschmerzen konnte, daβ sein "Schulgehilf" Appelt zum Obmann erhoben wurde und besonders über den aufkeimenden Schnurrbart desselben sehr entrüstet war.

Zu den Freunden des politischen Vereins gehörten auch die Brüder Herzig, die Gründer der "Sechssteck'schen" (Fabrik) in Neuwald. Groβ waren die Aktivitäten der Gruppe, besonders auch hinsichtlich der damals durchzuführenden Wahlen für das deutsche Parlament in Frankfurt, den Reichstag in Wien und den böhmischen Landtag. Es würde hier zu weit führen, das alles zu schildern. Man kann vieles in Geschichtsbüchern nachlesen. Der Revolution folgte die Reaktion, und der Begeisterung folgte die Ernüchterung.

Auch hierzu noch einige Sätze von Jäger:
Ein wichtiges Geschäft für die Sicherheitswache war die Jagd nach verbotenen Schriften, welche das Revolutionsjahr dem Volke in die Hände gespielt hatte ... und wenig fehlte, daβ ein Mensch, welcher gern Bücher las, schon dieserwegen verdächtig erschien. Gendarmen hielten öfters Nachsuchungen in den Sammlungen mehrerer Bücherfreunde in Maffersdorf, Dörfel ... Mir selber brachten die Bücher die Ehre einer ganz besonderen Aufmerksamkeit der Polizei. Es geschah nämlich, daβ den Paschern durch die Finanzwächter ein Bücherpaket abgejagt wurde mit der Adresse: A. Müller in Maffersdorf ... Ein Finanzwachmann durchsuchte meine Bücherschränke und alle Winkel meines Hauses. Was er aber sehen wollte, das sah er nicht, und was er sah, das kannte er nicht ... Die Polizei konnte sich nicht beruhigen und wollte die räthselhafte Person des A. Müller durchaus kennenlernen. Sämtliche Müller oder Möller, wie sie sich hier schreiben, des beiderseitigen Maffersdorf wurden gerichtlich einvernommen, und da es derselben hier eine groβe Menge gibt, brachten die Beamten viel Zeit damit hin, und eine Masse Papier wurde darüber zu Akten geschrieben. Die Sache ging mitunter ins Lächerliche; manche der Vorgeladenen kannten nicht einen Buchstaben und sollten literarische Geschäfte gemacht haben. Der echte und rechte Müller aber hütete sich wohl, aus seinem sicheren Dunkel hervorzutreten und hat nie und nimmer sein Eigenthum reklamiert.

 

Copyright © by Inge Schwarz 1994 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND