Am Ende seiner Chronik fügte A. Jäger
dieses Kapitel noch nachträglich an.
Es war wohl um das Jahr 1855, die Zeit war auch in seinem
Gewerbe nicht stehen geblieben, und Jäger war ja bekanntlich
ein sehr gebildeter und allem Neuen gegenüber
aufgeschlossener Mann. Müllerarbeit war bis dahin
Schwerstarbeit und die Mehlqualität nicht sonderlich hoch.
Der Anstoβ zur Reform des Mühlenwesens ging von Amerika
aus, sie kam dann über England und Frankreich in die
Niederlande. Jäger schreibt: In der hiesigen Gegend aber
wurde es in den 30er Jahren von Niederösterreich aus durch
wandernde Müllerburschen bekannt. Dieselben brachten die
wundersame Mär, daβ in der Gegend von Wien Mühlen
seien, die sich selber "aufschütten", in denen die
vollen Säcke und Fässer durch Böden und Decken bis in die
obersten Dachräume hinaufsteigen, ohne daβ der Bursch
die geringste Anstrengung dabei hat; ja er kann sich obendrein
noch dazustellen und also selber mit aufwärts gen Himmel
fahren. Auch gäbe es Maschinen in diesen Mühlen, welche den
Grieβ milchweiβ putzen, ohne daβ man ein Sieb
zu schwenken oder das Windrad zu drehen brauche. Diese
Erzählungen klangen wie die Kunde aus dem Schlaraffenland und
fanden anfangs wenig gläubige Ohren.
Von den Mühlen in der Reichenberger Gegend
war die Reiβmühle in Rosental die erste, welche im Jahr
1848 Mehlzylinder und französische Mühlsteine erhielt. Zur
selben Zeit schaute sich der Müller Franz Gürtler aus
Maffersdorf mehrere Kunstmühlen an, um verschiedene
Einrichtungen derselben nachzumachen. Anton Jäger selbst ging
1859/60 vollends zum neuen System über. Fast prophetisch
fügt er einen Satz an: Eine Lebensfrage ist es für die also
verbesserten kleinen Mühlen, ob sie die Konkurrenz der groβen
Kunstmühlen aushalten können. Zunächst war die Wasserkraft
der Neiβe und natürlich auch anderer Flüβchen, da
sie billiger war als die Dampfkraft, den kleinen Mühlen ein
gewisser Vorteil.
Aufgefallen ist mir ein anderer Satz in dem
Kapitel, er steht fast am Ende:
Es ist eine schwebende Frage, ob der
Fortschritt im Mühlengewerbe nunmehr am Ziele angelangt ist.
Manche meinen, er sei schon darüber hinaus, indem Schwarzbrot
aus ordinärem Mehl "wie's das Korn gibt" nahrhafter
ist als das Weiβbrot vom feinsten Mehl, wie es nur mit
groβem Aufwand von Künstelei erzeugt werden kann ...
Wahrscheinlich wird sich aber die Chemie noch sehr in die
Müllerei hineinmischen.