| 
                     
                  Die
                  Steinmetzerei und andere Baugewerbe 
  
                  Jetzt
                  führe ich Sie wieder ein Stück zurück in die Vergangenheit,
                  in die Zeit, als bei uns die ersten Steinhäuser gebaut
                  wurden. Da muβ ich natürlich A. Jäger das Wort
                  erteilen: 
                  Maurer
                  und Zimmerleute gibt es derzeit (1860!) in unseren
                  Industrieorten nur wenig; desto mehr Hände sind aber der
                  Steinmetzerei zugewendet, denn unsere Gegend ist steinreich.
                  Die schönsten zur Bearbeitung tauglichsten Granitsteine
                  finden sich den Maffersdorfer Bergzügen entlang über
                  Kohlstatt und Seidenschwanz bis Schwarzbrunn; der Proschwitzer
                  Granit ist grobkörnig; die Berge um Harzdorf, Katharinberg
                  und Rudolfstal liefern vorzüglich harte Bausteine und Würfel
                  für Straβenpflaster. 
                  Zunächst
                  wuβte man mit dem Steinreichtum wenig anzufangen. Michael
                  Appelt aus Neuwald z.B. hatte eine Wiese, die mit mächtigen
                  Steinblöcken ganz besonders gesegnet war. Er nahm Hacke und
                  Schaufel zur Hand, grub neben die Steine groβe Löcher in
                  den Wiesenboden und unterhöhlte sie dergestalt, daβ sie
                  sich hineinstürzen lieβen, worauf er sie mit Erdreich
                  bedeckte und Gras darüber wachsen lieβ. Steine, die sich
                  nicht versenken lieβen, spaltete man mit Eisenkeilen.
                  Dieses Steinspalten trieben einige so nebenbei, u.a. auch der
                  Weber Franz Wünsch in Maffersdorf Nr. 91 (491) . Dieser
                  Wünsch lieferte im Jahre 1792 die Steine zum Fundament und zu
                  den Stufen der Wenzeslaus - Statue auf dem Weg nach Kohlstatt.
                  Die Figur hatte der Bauer Franz Lange gemacht. Da es dem
                  Bildhauer an Gehilfen fehlte, unterwies er den Franz Wünsch
                  in der Verrichtung, mit Hammer und Meiβel nach Stab und
                  Winkel die Steine zu "metzen". Dieses war der
                  Ursprung unserer Steinmetzerei, denn Wünsch beschäftigte
                  sich in der Folge zur Sommerszeit lieber im Freien mit dieser
                  neuen Arbeit als in seiner Stube am Webstuhle, wurde durch
                  Übung zum Meister und nahm endlich auch seine Söhne und
                  andere Gesellen dabei zu Gehilfen an. Ein Nachahmer von
                  Wünsch wurde Franz Fiebiger in Neuwald, ein gelernter Müller
                  und Weber, deβ Feldgarten mit Steinen wie übersäet war,
                  sodaβ sich kaum eine Ackerfurche dazwischen ziehen lieβ.
                  Er hing das Weberschiff an den Nagel, ging mit schwerem Hammer
                  und Brecheisen hinaus auf sein Feld und brach einen Stein um
                  den anderen in Blöcke, die er dann regelrecht behauen als
                  Schwellen, Türgewände, Stufen, Fensterbänke, Platten u.s.w.
                  zum Bau steinernern Häuser und Fabriken verkaufte. Auch
                  schöne Postamente für Kruzifixe wuβte er herzustellen,
                  und so hatte der Mann gleichsam die Kunst erfunden, aus
                  Steinen Gold zu machen. Wie auf Fiebigers Feldgarten wurde
                  nach und nach in Neuwald allenthalben aufgeräumt unter den zu
                  Tage liegenden Granitsteinen, wodurch die Gegend ein sehr
                  verändertes Aussehen gewonnen hat. 
                    
                  Die
                  goldene Zeit für die Steinmetzen war die Zeit des
                  Eisenbahnbaues von 1858/59, wo sie z.B. den mächtigen Felsen
                  Hohlestein im Swiganer Walde in den Reichenauer Viadukt
                  verwandelten. Auf
                  der Ortskarte von 1935 sind sieben Steinbrüche in und um
                  Neurode eingezeichnet. 
                  Nachdem
                  man in der Stadt anfing mit hartem Material zu bauen, wurden
                  im Maffersdorfer Tale nebst Bausteinen und Steinmetzarbeit
                  auch andere zum festen Bau nötige Materialien produziert.
                    |