Groβvater
                  Josef Weiβ wurde 1859 in Radl geboren. Er lernte die
                  Bürstenmacherei und durfte die eigenen Erzeugnisse auch
                  verkaufen. Sonntags ging er mit dem Rucksack über die Hügel
                  und durch die Täler und verkaufte in den Dörfern neben
                  seinen Bürsten auch Krawatten und Kurzwaren. Man kannte ihn
                  bald überall und nannte ihn den "Krawattl-Weiβ".
                  Er muβ sehr fleiβig gewesen sein, denn er eröffnete
                  eines Tages in Maffersdorf einen Laden im Haus Nr.297. Es
                  gehörte damals dem Bäcker Wilhelm Möller, später war der
                  Zahntechniker Schäfer Eigentümer. Mir war das Haus wegen des
                  Bata-Schuhgeschäftes bekannt. In der Zeit hat Groβvater
                  Weiβ wohl die 3 Jahre jüngere Adelinde Seibt aus Dörfel
                  geheiratet, weil er neben dem Laden auch eine Wohnung im Hause
                  bezog. Neun Kinder wurden darin geboren, fünf trug man in
                  Kindersärgen wieder hinaus, aber vier Söhne wurden trotz
                  zweier Kriege alt.
                  
                  1940,
                  als die Fotos entstanden, war aus dem kleinen Laden ein
                  Schnittwarengeschäft geworden, welches der älteste Sohn,
                  Josef Weiβ jun., mit seiner Frau Marie übernahm. Da
                  konnte sich Groβvater Weiβ daneben mit dem Pfeifchen
                  beruhigt zur Ruhe setzen. 1943 starb er im Marthaheim.
                  Der
                  "Mutter Weiβ", wie sie allgemein genannt wurde,
                  war nach dieser Aufnahme mit einer ihrer Enkelinnen nur noch
                  ein Lebensjahr geschenkt. Man sieht es ihr auf dem Foto schon
                  noch an, daβ sie eine sehr tüchtige Frau war, die
                  zupacken konnte. Sie hat ihrem Mann entscheidend mitgeholfen
                  das Geschäft aufzubauen. Während er auch noch bei Ginzkey
                  arbeitete, hat sie u.a. eine Art "Heimarbeit"
                  gemacht: Sie hat in die verbotene Blaue Lotterie
                  eingeschrieben. Die Enkelin erinnert sich: "Samstags ging
                  es bis 14 Uhr immer hektisch zu, denn da kam die Buchhalterin
                  Zasche aus Gablonz und holte die 'Zettel' mit den Nummern
                  (Solo, Terno, ... ) und das gezählte, gerollte Geld ab.
                  Abends kamen im Radio die Gewinn-Nummern aus Wien. Meinem
                  Vater hatte mal eine Zigeunerin Zahlen gesagt, mit denen er
                  später wirklich was gewonnen hat. Ja, früher gab es keine
                  Renten, und so muβten die Leute für ihren Lebensabend
                  vorsorgen."