FRITZ
GÜNTHEL
( 1890 – 1978 )
Heimweh
von der Seele geschrieben
Fritz Günthel
wurde am 10.10.1890 in Maffersdorf geboren, er heiratete eine
Schnapshausertochter und arbeitete als Bankbeamter in der
Deutschen Union Bank in Reichenberg. Das Ehepaar hatte zwei
Söhne und wohnte bald im eigenen Haus in Reichenberg in der
Heinrich-Liebieg-Stra βe.
Ab Ende der 20iger Jahre engagierte er sich aktiv im Deutschen
Kulturverband und war z.B. immer mit Freude dabei, wenn es
galt, in den betreuten Kindergärten Kasperl-Theater zu
spielen. Da kamen ihm sein Humor und seine Freude am Reimen zu
gute. Er hatte viele Freunde. Sie bezeichneten ihn als
Original, das man nicht vergessen würde. Das Glück aber
währte nicht lange. Zwei Kriege setzten ihm hart zu; der
zweite Weltkrieg forderte die beiden Söhne, Fritz und Peter,
und schlieβlich Haus und Heimat.
Der Weg der Vertreibung führte Fritz und Else Günthel über
Gera und Espelkamp nach Bad Brückenau. In Gera soll er als
Nachtwächter in einer Fabrik gearbeitet haben. Dort sind auch
viele seiner Gedichte entstanden, die uns erhalten geblieben
sind. Den Schmerz über den Tod der Kinder und den Verlust der
Heimat haben die beiden Menschen nie verwunden. In den
Nachtstunden, da Fritz Günthel gewacht hat, hat er sich wohl
oft das Heimweh von der Seele geschrieben und seine
Erinnerungen in Verse gebracht. Zwei Beispiele will ich hier
weitergeben. Seine Gedichte sprechen aber auch von der Trauer
und seiner tiefen Gläubigkeit.
1962 schrieb
er als opus 37 kurz vor seinem 72. Geburtstag das folgende
Lied.
1978 ist er in
Bad Brückenau verstorben. Seine Frau hat ihn noch kurze Zeit
überlebt.
Ausklang
Ach,
die letzten Tage tropfen
Blitzend wie aus Edelstein.
Ob sie mir vergelten wollen,
Was im Leben nicht konnt' sein?
Sommersonne
wärmt mir Glieder,
Waldesstille segnet mich.
Leiser Hauch in hohen Wipfeln.
Ja, mein Gott, ich atme Dich!
Wie
die Bäume Balsam duften,
Weckt ein längst vergang'nes Bild.
Half der Mutter Beeren pflücken.
Ist mein Leben schon erfüllt?
Singt
ein Vöglein mich in Schlummer.
Ach, ich bin ja schon bei Euch.
Mutter, Vater, Kinder, Brüder
Grü βen
mich vom Seelenreich.
Ja,
die gleiche Luft zum Singen
Füllt des Vögleins Sängerbrust,
Flö βt
mir Leben in die Lungen,
Wehte
auch zu Eurer Lust.
Ich
bin tot, weil ich noch lebe,
Ihr gewannt das ew'ge Reich.
Dahin geht mein ganzes Streben,
Zur Verbundenheit mit Euch.
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