Von den Maffersdorfer Bauern

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VON DEN MAFFERSDORFER BAUERN

Im 15.und 16. Jahrhundert war Maffersdorf ein kleines Bauerndörfchen; und zwar ein sogenanntes Waldhufendorf. Was das bedeutet, veranschaulicht etwas die Skizze aus einem Bericht des Lehrers Alfred Appelt aus den " Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde", aus dem ich auch die folgenden Informationen entnommen habe.


Maffersdorf - ein Waldhufendorf

Das Land rechts der Neiße gehörte zur Herrschaft Reichenberg, das links zu Böhmisch Aicha. Schmale Streifen Acker- und Wiesenlandes, sog. Hufen zogen sich bis an den Rand des Herrschaftswaldes. Das älteste bekannte Urbar der Herrschaft Reichenberg wies für Maffersdorf r.N. um 1560 1 Scholtes (Schultheiß), 23 Bauern, 6 Gärtner und 8 Häusler auf. Dazu kam das Pfarrwidmut. Für Maffersdorf l.N. lagen verläßliche Quellen erst ab 1660 vor. Die Kaufbücher weisen 14 Bauern nach; die Zahl der Gärtner und Häusler ist nicht genau bekannt. Zu erklären wäre noch, daß die "Gärtner" eigentlich auch Bauern waren. Allerdings war das Land so klein ( Garten ), daß nur noch ein Nebenerwerb, z.B. die Handweberei die Familie ernähren konnte. Bis zur Vertreibung 1945 fand man in Maffersdorf aus damaliger Zeit die wohlbekannten Geschlechternamen Hauser, Fritsche, Schwarzbach, Tischer, Glaser, Elstner, Ullrich, Altmann, Illichmann, Richter, Wundrak, Stracke, Jäger, Hübner, Neumann u.s.w.

"Klein und armselig müssen wir uns die hölzernen Hütten des damaligen Dorfes vorstellen. Die Feldsteine des Unterbaues lieferten die damals noch massenhaft vorhandenen steinigen Äcker und Wiesen, Stämme für Wände und Gesperre gab der Wald, das Stroh der ersten Ernte bildete das Material für das Dach," schrieb Alfred Appelt. Die Arbeit der Bauern war sicher sehr mühsam, da das Land hügelig und bergig war und der Boden auf Sand und Lehm nur eine dünne Humusschicht aufwies. Dazu kam die Härte der Leibeigenschaft mit Robot und Abgaben. Das änderte sich im 18.Jahrhundert: Kaiserin Maria Theresia hatte durch eine Verordnung vom 5. Oktober 1742 die Härte der Leibeigenschaft gemildert und Josef II. hob dieselbe am 1. November 1781 gänzlich auf.

Nun konnte die Landwirtschaft im Neißetale wie anderswo aufblühen.

 

Ich möchte hier noch einen von den vielen Bauern zu Wort kommen lassen, die bis 1945 unser schönes Neißetal bewirtschaftet und kultiviert haben durch viele Generationen hindurch. Ob von den jetzt in Maffersdorf-Vratislawice Lebenden nachgefühlt werden kann, daß den ehemaligen Bauern heute noch das Herz wehtut, wenn sie an Haus und Hof ihrer Vorfahren denken ? Ob sie wissen, daß mancher den freiwilligen Tod der Vertreibung vorzog ? Das soll niemandem ein Vorwurf sein, nur zum Nachdenken anregen.

Der Walter - Bauer , sein Hof lag in der Nähe vom Gemeindeteich und dem Gasthaus "Lerchenfeld", erzählte mir ein wenig über die Landwirtschaft in Maffersdorf in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Ich meine, er sprach dabei auch für die anderen. Er schrieb mir:

"Das Ackerland war in der Bewertungsklasse 12, d.h. es war ein leichter, z.T. grober sandiger Lehm- bis Humusboden. Auf Grund dieser schwachen Ackerkrume wurden an Hackfrüchten nur Kartoffeln, Futterrüben und Gemüse angebaut. An Getreide gediehen Roggen, Hafer und etwas Gerste, für Weizen war der Boden zu schwach. Dazu kamen noch Wiesen und Brachen als Grundfutter für die Milchwirtschaft ( Kühe und Ziegen ). Fast zu jedem bäuerlichen Anwesen gehörten etwas Wald und ein Obstgarten, hauptsächlich mit Kirsch- und Apfelbäumen. Die Größe eines Hofes lag zwischen 5 und 12 ha. Auf der rechten Neißeseite waren die Nutzflächen etwas größer. Am größten war der Ginzkeyhof mit ca.50 ha. In dem bergigen Land links der Neiße war die Bauernarbeit noch weitgehend Handarbeit. Dem Boden mußte mit viel Fleiß und Mühe die Ernte abgerungen werden. Auf der anderen Neißeseite stieg das Land sanfter an und man konnte eher Maschinen einsetzen, auch waren die Felder größer. Die Bauern waren alle selbständig und hatten dank der zahlreichen Bevölkerung keine Absatzschwierigkeiten. Die Familie Walter z.B. hatte um 1940 herum 20 Kunden im Ort und 80 in Gablonz. Bis dahin wurde alles selbst vermarktet. Der Weiterbildungseifer muß ebenfalls sehr groß gewesen sein. 1874 wurde ein Verein der Naturfreunde gegründet, 1898 ein Obst- und Gartenbauverein. Daneben gab es den landwirtschaftlichen Verein. Sie alle veranstalteten Ausstellungen, boten Vorträge und Weiterbildungskurse an und hielten regelmäßige Versammlungen ab. Die Jungbauern besuchten in Reichenberg die landwirtschaftliche Winterschule mit zwei Lehrgängen von November bis März und schlossen sich zu geselligem und kulturellem Brauchtum in der Landjugend zusammen. Es gab die landwirtschaftlichen Raiffeisenkassen mit vielen Vorteilen für die Bauern. Daß Fleiß Früchte trägt, beweist auch die Familie Walter. "... mein Vater hat mit 2 ha angefangen und es durch Zukauf von Acker und Wiesen auf 10 ha als Familienbetrieb gebracht. Großvater war noch Handweber nebenbei. Der Handwebstuhl stand bis nach dem erstem Weltkrieg in unserer Bauernstube, dann war es unrentabel. Vater hatte die Webschule in Reichenberg besucht..." Der Brief endet mit dem Satz: " Mit einem Wort, unsere Heimat war ein sehr fortschrittliches Land, das von den Bauern gehegt und gepflegt worden war."

Dem gibt es nichts hinzuzufügen.


Die Familie Franz Tandler (3 Generationen) mit ihren 2 Kühen. Die kleine Landwirtschaft diente nur der Eigenversorgung. Franz Tandler sen. war Webermeister bei Ginzkey (Schlenzberg 759)

 

Copyright © by Inge Schwarz 1993 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND