hat A. Jäger das letzte Kapitel in seiner
Chronik überschrieben und klagt:
Die Industrie verlangt gute Verkehrsmittel
und kann auf holprigen Wegen nicht gut vorwärts kommen. Bei
uns muβte sie sich auf solchen nur zu lange abmühen und
war endlich genöthiget, sie selber zu ebnen. Der Fabrikant
Josef Herzig baute im Jahre 1836 auf eigene Kösten eine Straβe
von seiner Fabrik in Neuwald in der Richtung gegen die Stadt
durch Proschwitz bis Maffersdorf. Durch den Widerstand
eigennütziger Grundbesitzer (die gleichwohl ihren eigenen
Nutzen nicht verstanden) wurde ihm die Vollendung dieses
nützlichen Werkes verleidet, drum blieb der Weg von der
Proschwitzer Gränze bis zur Stadt noch an die 12 Jahre im
alten schlechten Zustande.
1843 war Erzherzog Stephan Statthalter in
Böhmen geworden und die besten Hoffnungen den Bau der
Riesengebirgsstraβe von Reichenberg nach Trautenau
betreffend hefteten sich an seinen Namen. Aber es war
schwierig, sich auf eine Route zu einigen. Die Maffersdorfer
waren natürlich für die Führung durch das Neiβetal,
andere für die Bergstraβe über Kunnersdorf, Reinowitz
und Schlag. Dann wurde eine sogen. Mittelstraβe in
Erwägung gezogen; sie sollte von der Mitte Maffersdorfs ins
Neiβetal gezogen werden. Dieser Variante stimmten dann
schlieβlich auch die Maffersdorfer zu, und eine
Bittschrift mit vielen Unterschriften der beiden Maffersdorf,
Proschwitz, Neuwald und Radel wurde im Juni 1846 von dem
Mühlenbesitzer Franz Gürtler, dem Scholtes Ignaz Hauser und
dem Richter Anton Schäfer dem Erzherzog in Prag persönlich
überreicht. Worauf dieser im folgenden Herbste die Gegend
besuchte und in Augenschein nahm. Dabei bestieg der Erzherzog
auch die Prichowitzer Höhe, welche eine sehr schöne Aussicht
bietet und übernachtete im dortigen Forsthaus. Seit dieser
Zeit heiβt jener Berg Stephanshöhe. Im März 1847 wurde
in Reichenberg beim Meierhofe der erste Spatenstich getan. Im
Sommer kam der Erzherzog noch einmal zur Besichtigung der
Bauarbeiten, und als man ihn auf das Sumpfgelände am oberen
Badhausteiche hinwies, soll der Prinz beruhigt haben:
"Das ist noch lange kein Venedig." Die Befürworter
der Kunnersdorfer Route hatten noch nicht aufgegeben. In
Maffersdorf hatte man dem Erzherzog eine Ehrenpforte
errichtet, wo ihn der junge Richter Schäfer an der Spitze der
zahlreich versammelten Einwohner mit schlichten, herzlichen
Worten begrüβte. - Um beiden Parteien gerecht zu werden,
entschied sich der gütige Prinz für den Ausbau der beiden
streitigen Straβenlinien (über Maffersdorf und
Kunnersdorf). ... So sind unsere Straβen zu Stande
gebracht worden, schlieβt A. Jäger.
Zufrieden war Jäger aber keinesfalls. Man
spürt es überall zwischen den Zeilen. Zehn Jahre dauerte der
Bau der Riesengebirgsstraβe. Die Straβe über
Maffersdorf galt als Hauptlinie, die über Reinowitz (etwas
schmäler angelegt) als Nebenlinie. Von der letzteren meint
Jäger, diese Straβenlinie sei als eine gänzlich
verfehlte zu bezeichnen; sie habe nichts für sich als den
Umstand, daβ die alte Straβe dort angelegt worden
war, zu einer Zeit, als das Neiβetal noch eine
undurchdringliche sumpfige Wildnis war. ... und diese
Nebenlinie wäre jetzt viel zweckmäβiger durch das
Harzdorfer Thal zu ziehen gewesen. Die Anhänger des Alten
seien aber gewöhnlich blind gegen die Anforderungen der oft
gänzlich veränderten Verhältnisse der Gegenwart.
1859 wurde in Reichenberg die
Zittau-Reichenberger Eisenbahn eröffnet und durch die Lage
des Bahnhofes im Südwesten zeigte sich nun, daβ die
ursprünglich von den Maffersdorfern gewollte Straβe von
Röchlitz aus die bessere gewesen wäre. Die Strecke vom
Bahnhof nach Maffersdorf wurde durch den Umweg über die Stadt
verdoppelt. So ging trotz des schlechten Weges ein so starker
Gütertransport über Röchlitz nach Maffersdorf, daβ die
Gemeinde kaum im Stande war, die Wegreparatur zu bestreiten.
1862 wurde dann diese Straβe gebaut,
an deren Kosten sich die Industriellen von Röchlitz bis
Tannwald beteiligten. Abschlieβend meinte Jäger:
Vollständig gut gemacht ist der ursprünglich verfehlte Plan
nicht worden, denn wäre die Straβe gleich anfangs als
Hauptstraβe in genügender Breite und gleichmäβiger
Steigung gebaut worden, das wäre ein anderes.