In jenen Jahren brachte der Beginn der
Industrialisierung im Ausland die heimische Erzeugung und
damit auch die Familie Ginzkey in groβe Schwierigkeiten
und Not. Der Besitz muβte verkauft werden, der Familie
blieb nur das Wohnrecht. 1841 erlag der älteste Sohn einem
Schlaganfall und am 2.3.1843 starb auch der Vater.
Nun war Ignaz mit 24 Jahren das Haupt der
Familie und damit auch mit der Sorgepflicht für diese
belastet. Sein Hauptziel sah er im Rückerwerb des
väterlichen Besitzes. Dies war mit der Wollwarenerzeugung auf
einem Stuhl nicht zu erreichen. Er schuf daher die
Voraussetzungen zum Übergang auf andere Textilbranchen,
nämlich Teppiche und Decken.
Bereits am 12.3.1843 stellte Ignaz Ginzkey
den ersten Teppichstuhl mit Jacquardmaschine auf, dem im
Herbst desselben Jahres der zweite folgte.
Das war der Beginn eines sehr harten, doch
schlieβlich erfolgreichen Weges in die Zukunft.
Über den weiteren Werdegang Ignaz Ginzkeys
und seiner Fabrik möchte ich nun den letzten Pfarrer
Maffersdorfs vor der Vertreibung zu Wort kommen lassen,
Dechant Peter Bichler.
Am 25.6.1943 hielt er anläβlich des
100jährigen Bestandes der Fa. I. Ginzkey bei der kirchlichen
Gedenkfeier die Festpredigt, die er den Enkeln des
Verstorbenen I. Ginzkey gewidmet hatte. Daraus möchte ich
einige Sätze zitieren.
"... Der junge Ignaz Ginzkey war
fraglos umsichtig und zäh. Schon am 12.3.1843 hatte er im
elterlichen Hause Nr. 612 den ersten Teppichstuhl mit
Jacquard-Maschine (so genannt nach dem französischen Erfinder
Jacquard 1808 in Lyon) aufgestellt. Zur Unterbringung dieser
Maschine muβte der Fuβboden vertieft werden. Anno
1845 stellte er den ersten Deckenstuhl auf. Die Quälereien
der Gläubiger, wegen einer Schuld von 2000 Gulden vom Vater
her hemmten wohl den jungen Streber einige Zeit, aber sie
beugten ihn nicht. Hinter seinem Rücken hatten die
Habgierigen schon 1841 sein Heim verschachert; ihn selber
quälte man weiter nach des Vaters Tode. Da verlieβ Ignaz
im Oktober 1847 verärgert das Heimathaus seiner Vorfahren und
mietete in Maffersdorf r.N. das Gebäude Nr.111, damals eine
Scheune, rechts unterhalb unserer Kirche, ohne freilich zu
ahnen, daβ auf dieser gemieteten Scholle sein Aufstieg zu
ungeahnter Gröβe, zu einer späteren Weltfirma erfolgen
sollte.
Am 27.4.1847 hatte er sich vermählt mit
Julia geb. Bergmann aus der Maffersdorfer "Schänke"
l.N. Nr. 137, heute 537, allen Schwierigkeiten zum Trotz -
ohne jede Mitgift! Zwei ganze Thaler, Geschenk der Taufpatin,
bildeten der Braut ganzes Vermögen, wenn man nicht beachtet,
was diese heiβ erkämpfte Braut aus dem schlichten Dorfe,
an seelischer Ausrüstung in ihrem Herzen trug. Sie wurde zur
verständnisvollen, unermüdlichen Mitarbeiterin des Gatten,
und in vereintem Schaffen und Ringen sahen die jungen Menschen
ihren kleinen Betrieb wachsen unter Gottes Segen; die Zahl der
Arbeiter mehrte sich um Dutzende und Hunderte; sie sahen ihre
Heimat aufblühen um Tausende von Menschen. Vom Jahre 1848 mit
3496 Einwohnern stieg unser Maffersdorf in 28 Jahren (1876)
auf 6991 Einwohner, also um die doppelte Zahl!
Dabei hatte Ignaz Ginzkey nicht nur
Eigeninteressen verfolgt für sein Haus und seinen Betrieb; er
hatte das Allgemeinwohl nicht vergessen. Schon 1863 hatte er
den Straβenbau nach Röchlitz energisch angepackt und
vollendet; 1869 war er in die Reichenberger Handelskammer eingezogen;
1864 schon hatte Maffersdorf durch ihn seine Poststation
erhalten, 1873 auch das Telegrafenamt. Die Neuerstehung der
wuchtigen Brauerei 1873 war ebenfalls zum gröβten Teil
sein Werk; der Gemeinde borgte er, ebenfalls 1873, zum Bau der
neuen Schule (heute Marktamt) 8000 Gulden. Der heutige
imponierende Schulpalast wurde 1891 errichtet, gröβtenteils
von seiner Firma finanziert. Testamentarisch hatte Ignaz
Ginzkey 10000 Gulden deponiert für den Zusammenschluβ
der beiden Gemeinden Maffersdorf rechts und links der Neiβe.
Weil dieser aber erst viel später (1901) erfolgte, wurden
nach seinem Willen diese 10000 Gulden die Grundlage für die
Arbeiter-Pensionskasse seiner Firma ..."
Ich möchte noch hinzufügen, daβ
Ignaz Ginzkey am 3.5.1876 kurz vor seinem 59. Geburtstag einem
Herzschlag erlag. Er hinterlieβ nach seinem Tode nebst
seiner Gattin Julie, welche am 23.12.1909 verstarb, drei
Söhne, die das Werk weiterführten, und fünf Töchter. Seine
Familie kaufte 1904 das alte Haus der Vorfahren zurück.