2. Die
zweite Generation übernimmt ein solides Erbe.
Die Söhne Ignaz jun. und Willy konnten das
umfangreiche Unternehmen als wertvolles Erbe übernehmen. 1891
trat dann auch der 25jährige Alfred, der jüngste Sohn, in
die Firma ein. Schon vier Jahre später rief der Tod den
ältesten Chef der Firma, den erst 44 Jahre alten Ignaz
Ginzkey jun., aus weitgehenden Zukunftsplänen ab. Danach
ruhte die Leitung der Fabrik auf den Schultern der beiden
Brüder Willy und Alfred.
Gleich ihrem Vater haben auch die Söhne
die Hände nicht ruhen lassen, und den beiden Teppichstühlen
des Jahres 1843 standen 50 Jahre später in der Weberei 250
mechanische Stühle und über 100 Handstühle, darunter etwa
70 für Knüpfteppiche gegenüber. Unter den letzteren waren
einige mit der auβergewöhnlichen Breite von 12,50m.
Einer dieser Riesenteppiche ging in das Waldorf-Astoria-Hotel
nach New York. Einige Jahre später muβte natürlich ein
"gröβter Teppich der Welt" die deutsche
Reichskanzlei in Berlin zieren. Die Maffersdorfer
Knüpferinnen hatten ihn in Tag- und Nachtschichten zu
erstellen. Und wie wäre es anders denkbar, im Jahre 46/47
bekam auch Stalin einen solchen vom tschechischen Staat zum
Geschenk - von den letzten deutschen Frauen in der Fabrik
geknüpft. Frau Marie Gärtner geb. Hiebel war damals bis 1950
Meisterin in der Knüpferei. Nachher kam das Ehepaar Gärtner
zum Sohn nach Peine.
Wieder Jahrzehnte zurück:
Zum Unternehmen gehörten damals ( um die Jahrhundertwende )
zwei Streichgarn-Spinnereien, eine Kunstwollfabrik, die
Teppich - und Deckenfabrik mit Wollspinnerei, eine Färberei,
eine Zwirnerei neben kleinen Gebäuden und Arbeitsstätten,
die zum Unterhalt des Werkes nötig waren. Der Betrieb
beschäftigte über 1300 Arbeiter.
Frau
Julia Ginzkey geb. Bergmann
wohl mit einem ihrer Enkel
Ich will hier an ein Ereignis erinnern, das
nicht nur im Leben der damaligen Familien Ginzkey einen Akzent
setzte, sondern auch für die Maffersdorfer von Bedeutung war:
Der
Kaiserbesuch am 24.Juni 1906
Kaiser Franz Josef I. hatte den Herren
Willy und Alfred Ginzkey zugesagt, im Anschluβ an seinen
Besuch bei der "Deutsch-Böhmischen Ausstellung" in
Reichenberg auch Maffersdorf zu besuchen. Der ganze Ort
prangte im Fahnenschmuck, Böllerschüsse und Glockengeläut
kündeten die Einfahrt des Sonderzuges in den Bahnhof
Maffersdorf-Fabrik an. Weit über 1000 Schulkinder,
ebensoviele Arbeiter der Firma Ginzkey und viele, viele
Bewohner, auch umliegender Ortschaften standen Spalier. Mit
stürmischen Jubel wurde der Monarch begrüβt. Dann
betrat er das groβe Zelt und dankte den Inhabern der
Firma Ginzkey für den "auβerordentlichen
Empfang" und gab seiner Überraschung Ausdruck über die
Ausdehnung der Fabriken. An Frau Julie Ginzkey, die Mutter der
Firmeninhaber, wandte er sich mit den Worten: "Sie haben
viel für Maffersdorf getan." Als sie ihm nochmals für
den ihr verliehenen hohen Orden dankte, erwiderte der Kaiser:
"Es hat mich gefreut, Sie auszeichnen zu können."
Hierauf wandte er sich an Frau Martha Ginzkey. Sie gab der
Freude Ausdruck, daβ der Kaiser den kleinen Ort wieder
besucht habe (1.Besuch 1891 Anm. d. Verf.), worauf der Kaiser
lächelnd entgegnete: "Der Ort ist ja nicht so klein,
Maffersdorf ist groβ." Die Liste der Namen derer,
die dem Kaiser vorgestellt wurden, ist sehr lang. Unter ihnen
war der junge Katechet Karl Sommer, Dr. Molitor und der alte
Veteran Skolaude, der die Feldzüge 1848, 1849 und 1859
mitgemacht hatte. Der Kaiser war sehr interessiert und
erkundigte sich eingehend über Schule, Kirche, Vereine,
Gesundheitswesen u.s.w. Er verabschiedete sich u.a. mit den
Worten: "Diese Tage werden mir unvergeβlich
bleiben."
Empfang
des Kaisers Franz Josef I. am Bahnhof Maffersdorf. 24.6.1906
Hierauf bestieg der Kaiser den Hofzug, um
sofort am Wagenfenster zu erscheinen und hier unablässig
huldvollst grüβend zu verweilen, während der Zug unter
den Klängen der Volkshymne und den brausenden Hochrufen der
Maffersdorfer die Station verlieβ.
Die
Fabrikgebäude - für den Kaiserbesuch geschmückt
1904
Teppich-Geschenk
für Willy Ginzkey zum 70. Geburtstag 1926
Die
"untere" Ginzkey-Villa 1928
Salon in
der Villa von Willy Ginzkey
1925
Willy Ginzkey (1856-1934) mit Gattin Julia geb. Kulb,
deren
Eltern und Chauffeur Passig
Das
Verwaltungsgebäude,
in ihm war auch das sog.
"Museum" mit den vielen kostbaren Teppichen
Alfred
Ginzkey (1866-1911)
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