Die Firma K.
Kuhl wurde im Jahr 1904 von Karl Kuhl (*1878 in Langenbruck,
†1950 in Glonn b. München) in Maffersdorf gegründet. In
den ersten Jahren bis 1912 wurden zunächst von ihm allein,
später mit zwei Hilfskräften folgende Artikel hergestellt:
Hartspiritus in Würfelform, Abziehmasse "Record"
für Vervielfältigungsapparate, Schuhwichse (sog.
"Spuckwichse") schwarz Marke "Brillant",
Lederfett und Metallputzextrakt. Zunächst wurde alles noch in
gemieteten Räumen produziert.
Im Jahre 1910
erwarben die Brüder Karl und Gustav Kuhl ein ca. 1 ha groβes
Grundstück in der Nähe der Seliger-Häuser und errichteten
ein Jahr später darauf das dreigeschossige Wohnhaus und ein
Betriebsgebäude. Ab diesem Zeitpunkt erweiterte sich die
Erzeugung.
Als 1915 der
Betriebsinhaber zum Kriegsdienst eingezogen wurde, führte
seine Frau, Anna Kuhl geb. Knobloch, das Geschäft bis zu
seiner Rückkehr 1918 mit drei Beschäftigten weiter. 1920
wurde ein Betriebsanbau mit ca.370 qm durchgeführt, und
Gustav Kuhl trat als Teilhaber in die Firma ein. Damals wurden
weitere Artikel in die Fabrikation aufgenommen: Schuhcreme
farbig in Fläschchen, Tuben und Tiegeln, Bohnerwachse,
gegossene Haushalts-, Grab- und Weihnachtskerzen, Wasch- und
Putzmittel und Seifen. Hier ist die Taschenseife "Prakta"
besonders zu erwähnen, auf die Herr Kuhl, glaube ich das
Patent hatte.
Die Firma
hatte auch den Vertrieb von technischen Ölen, wie Maschinen-,
Motoren-, Heiβdampf-Zylinderölen, Nähmaschinen-,
Fahrrad- und Zentrifugenölen, Stauffer- und Kugellagerfetten
für Groβbetriebe.
Nachdem
schwere Excenter- und Spindelpressen, Gewindedrück- und
Schneidmaschinen, eine Drehbank sowie andere
blechverarbeitende Apparate angeschafft waren, konnte man
eigenständig Blechemballagen, wie Dosen und Fläschchen, und
Kübel für die eigenen Produkte herstellen. In den Jahren
1921 - 1928 fanden 25 - 28 Personen im Betrieb Beschäftigung.
Nach 1927, in der für die Sudetendeutschen besonders harten
Wirtschaftskrise, ging der Umsatz stark zurück und die Zahl
der Beschäftigten fiel auf 6 - 8 Personen.
Im Frühjahr
1930 wurde dann der erste Lieferwagen, ein "Ford",
und später auch ein Personenauto, Marke "Praga",
angeschafft.
Erst ab 1936
war ein spürbarer neuerlicher Wirtschaftsaufschwung zu
verzeichnen. Durch Rationalisierung bei der Herstellung
einzelner Produkte und in der Verkaufsorganisation wurde der
Betrieb wieder sehr leistungsfähig.
Ende Mai 1945
war auch hier alles zu Ende: Betrieb, Wohnhaus, Eigentum und
Vermögen wurden von den Tschechen enteignet und die Familie
am 26.Juni 1945 vertrieben.
Was hatte Frau
Anna Kuhl geb. Knobloch, die Gattin Karl Kuhls wohl bewogen,
1922 ein eigenes Geschäft zu gründen? Hatte sie das Gefühl,
ein zweites Standbein könnte nicht schaden, oder fühlte sie
sich in dem nun recht groβen Betrieb ein wenig
überflüssig? Möglicherweise wollte sie einfach etwas sehr
Weibliches tun. Raten Sie selbst ein biβchen.
Das Haus
schien ihr jedenfalls groβ genug, um zwei Räume im
Erdgeschoβ an der Siechenhausstraβe mit groβen
Schaufenstern zu versehen und in einen Laden umzuwandeln. Auf
zweimal 40 qm konnte man schon was unterbringen.
Es wurde ein
Geschäft für
Wäsche-,
Textil-, Wirk-, Woll- und Strickwaren.
Das Geschäft
florierte sehr gut, dank der freundlichen und fachkundigen
sowie recht kulanten Beratung der Geschäftsinhaberin. Sie
verkaufte Kinder-, Damen- und Herrenwäsche, Unterwäsche,
Tisch- und Bettwäsche, Damen- und Herrenstrickjacken,
Schnittwaren, Arbeitskleidung, Strickwolle, Stickgarne,
Kurzwaren und vieles mehr. Leider verstarb Frau Kuhl schon
1931. Als Nachfolger übernahm der Sohn Hugo das Geschäft und
führte es bis zu seiner Einberufung zum Kriegsdienst 1940
weiter. Ab diesem Zeitpunkt wurde es stillgelegt und 1945 wie
der übrige Besitz enteignet.