Die
Maffersdorfer Kirchenglocken
An den Anfang
dieses Kapitels will ich eine Fu βnote
aus der Jägerchronik
stellen. Sie betrifft die Glocke der allerersten in den
Lobelbirken vermuteten Kirche. (Siehe Kapitel "Die
früheren kirchlichen Verhältnisse")
Jäger
schreibt:
"Das Dasein der angeblich in den Lobelbirken vergrabenen
Kirchenglocken wurde noch vor 50 Jahren (also ca.1820) für so
sicher gehalten, da β
drei Männer
aus dem Dorfe eine Nachgrabung nach denselben unternahmen.
Altvater Franz Tannowitz aus Nr.73 (später 473) in
Maffersdorf l.N. war der Leiter des Unternehmens. Er war
allerdings ganz der Mann dazu; denn erstlich war er gleichsam
eine lebendige Chronik alter Begebenheiten dieser Gegend,
zweitens stand er im Geruch geheimer Wissenschaft und war im
Besitz einer Wünschelrute, an deren untrügliche Zauberkraft
er selber steif und fest glaubte.
Diese ward nun
auch zur Auffindung des richtigen Platzes in Anwendung
gebracht, und nachdem Konstellation, Tages= und Stundenzeit
vorschriftsmä βig
gewählt worden, ging man unter allerlei Förmlichkeiten mit
Andacht ans geheimnisvolle Werk. Keiner der Beteiligten durfte
sich umsehen, keiner ein Wort reden, auch bei der gröβten
Überraschung nicht. Bei Nacht und Nebel, in beklommener,
erwartungsvoller Stimmung graben die drei Männer mitten im
Hain die Erde auf. - Da, im Weitergraben schlägt einer mit
der Hacke auf etwas Festes - das war kein Stein; es gab einen
metallischen Ton - ein Ausruf der Freude entfährt dem
Glücklichen und - verschwunden ist das Erz! - Alles fernere
Nachgraben war nun vergeblich; nichts als taubes Gestein fand
man noch in der Grube. - Nach der Auslegung unseres Magikers
waren die Glocken auf den voreiligen Freudenruf des
unvorsichtigen Gehilfen hin in der Erde fortgezogen, wie
verborgene Schätze in derlei Fällen zu tun pflegen. - Jenem
leichtsinnigen Teilnehmer aber war der weise Mann von Stund an
spinnefeind, und zeitlebens konnte er nur mit groβer
Erbitterung von ihm sprechen."
Die
wechselvolle Geschichte unserer Kirchenglocken
Die erste
Kirche, eine Holzkirche, in Maffersdorf r.N. hatte
nachweislich eine Glocke, denn in den alten Schriften ist
vermerkt, da β
sie 1698 zersprang. Am Feste St. Katharina Anno 1700 wurde sie
neu umgegossen. Laut Dr. Karl Kühn fand das im hinteren
Reichenberger Schlosse statt. Glockengieβer war Joh.
Balthasar Gromeli aus Auβig. Unter den elf zu gieβenden
Glocken waren 4 für Maffersdorf, die dann am 19. Juni 1701
mit den anderen durch den Abt Markus Rantzka des
Benediktinerstiftes St. Nikolaus in Prag vor der
Erzdekanalkirche zu Reichenberg geweiht wurden. Es waren dies die
Glocken: Zu Ehren der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
13 Zt. 13 Pf.; zu Ehren Maria, unserer lieben Frauen 7
Zt.; zu Ehren der hl. Katharina 2 Zt. 7 Pf. und zu
Ehren der hl. Barbara 1 Zt. Gleichzeitig erhielt
Reichenberg drei Glocken, je eine Einsiedel, Wittig, Habendorf,
die Reichenberger Spitalkirche und die Kreuzkirche (ihr erstes
Glöcklein). Die Weihe endete mit einem groβen
Pontifikalamt.
In der
Gedenkschrift im Turmknopfe steht über die kleine Barbaraglocke
(lt. Heimatskunde) folgendes: "... ist das alte Kleine
Gläckel von des seel. H. Christoph Richters, gewe βenen
Erb= und Oberrichters, hinterlaβenen Erben in Meffersdorf
Aichischerseits von der Kirchen umb 58 fl. 18 kr. erkauft,
undt wiederumb Neuen beschlag undt Zugehör
zu Einem Wandlungsglöckel in den Kleinen Thurm auf der Capel
verehret worden. ..." Dr. Karl Kühn erwähnt sie wieder
unter den im ersten Weltkrieg abgenommenen Glocken mit
folgender Beschreibung: Die Glocke hatte einen Durchmesser von
63 cm und war auf Cis gestimmt. Als Halszier hängende
Blätter, am Mantel das Bild der Hl. Barbara und die Inschrift
: Sancta Barbara ora pro nobis / Sub cura pastorali S Joannis
/ Waehner parochi, anno 1863. Auf der Gegenseite: Gegossen von
Eduard und Josef Paul in Reichenberg. Darunter am Schlagrande
Zierschmuck aus Trauben und Blättern.
Die Glocke war
1857 gesprungen und 1863 in vorgenannter Weise umgegossen.
Pfarrer P. Heyne an der Waage
Abnahme der Glocken zur Einschmelzung im 1. Weltkrieg
Die 1917 abgenommene Dreifaltigkeitsglocke
Mit der
Barbaraglocke mu βte
im ersten Krieg auch die Dreifaltigkeitsglocke
abgenommen werden, die sogen. groβe Glocke. Durchmesser
1,05 m, Stimmung fis. Am Hals die Inschrift: Sancta
Trinitatis unus deus miserere nobis. Darunter Rosen- und
Traubengewinde, das von schwebenden Engelchen getragen wird.
Am Mantel die Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit mit der
Inschrift: Im Jahre 1810 unter dem Kirchenpatronate des Hoch-
und Wohlgeborenen Herrn H. Christian Christoph Grafen Clam von
Gallas, ... dem hochwürd. Herrn Josef Ludwig Pfarrer, H.P.
Josef Scheer Caplan, ... Auf der Gegenseite das umrahmte
Kruzifix mit der Inschrift darunter: Unter den Scholtessen Jg.
Hauser allhier, Ig. Appelt in Proschwitz, Fr. Möldner in
Kunnersdorf u. Jos. Bergmann Richter E.S. ist dise Glokke
durch K.W. Paul burg. Glokkengüsser von Böhmisch Leippa in
Maffersdorf übergossen worden.
So hat diese
Glocke etwas mehr als ein Jahrhundert läuten dürfen, ihre
Vorgängerin ebenfalls.
Im
pfarramtlichen Gedenkbuche ist lt. Dr. Kühn die Marienglocke
erwähnt. Sie trage das Bild der Krönung Mariens und sei 1766
und 1810 umgegossen worden. Bei der Erneuerung des Geläutes
1925 wurde die Mittlere Glocke abgenommen (Wurde sie
umgehängt oder neu geweiht?), sie hatte einen Durchmesser von
84,3 cm und die Stimmung Ais. Die Beschreibung sagt: Am Halse
zwei Kranzreihen, die untere mit Putten im Rokokodekor,
dazwischen am Schriftbande: anno 1745. Am Mantel Darstellung
der Hl. Dreieinigkeit (Gott Vater, Christus mit Kreuz, der Hl.
Geist) und die Krönung Mariens. Meiner Ansicht nach könnte
es sich um ein- und dieselbe Glocke handeln. Sie ist dann
jedenfalls im zweiten Weltkrieg zu Kanonen umgegossen worden.
Ihr Schriftband lautete:
Sancta Trinitas
Unus Deus Miserere Nobis
Heiliger Dreieiniger
Gott erbarme Dich unser
Bei der Glockenweihe auf dem Marktplatz:
Das Ehepaar Ginzkey und Frau Pelzer in der Mitte,
links mit rundem Hut Frau Bullirsch (Gemüsehandel)
Glockenweihe - Maffersdorf - 3. Mai 1925
Auf dem Bild
von der Glockenweihe am 3. Mai 1925 meine ich, sie noch als
die gro βe
Glocke links zu erkennen. Voller Hoffnung und sicher unter groβen
Opfern war das Geläut wieder auf 4 Glocken erweitert worden.
Ich habe keine nähere Beschreibung von dem Fest und den
Glocken, aber die Bilder sprechen ja auch für sich. Nicht
einmal zwei Jahrzehnte waren ihnen gegeben. Roland Bartmann
erinnert sich noch daran, daβ er 1943 oder 1944
dabeistand, als die Glocken wieder abgeseilt wurden;
wahrscheinlich die zwei groβen. Dabei streifte eine
Glocke die Turmwand und schlug ein kleines Stück
Putz ab. Dieses traf den darunterstehenden Mesner, es war wohl
Herr Pochmann, durchschlug seinen Hut und verletzte ihn an der
Stirn. Er blutete und bekam ein Pflaster auf die Wunde. Das
beeindruckte natürlich einen kleinen Jungen. Auf diese Weise
ist uns das Ereignis durch einen Zeugen festgehalten worden.
Der Glockenaufzug 1925
Die Abnahme im 2. Weltkrieg sah wohl ähnlich aus.
Nur war statt Freude Trauer das Gefühl
der nach oben schauenden Menschen.
Allen
Schrecken überdauert haben wohl nur die zwei kleinsten
Glocken. Und das kommt mir fast symbolhaft vor:
Das
Sterbeglöckchen hat
einen Durchmesser von 34 cm und die Stimmung c-moll. Es trägt
das Bildnis des hl.Erasmus. Der war zu Beginn des 4.
Jahrhunderts Bischof von Antiochien, wo er unter Diokletian
gefoltert wurde. Er begab sich nach Illyrien, dort wurde er
unter Maximian grausam gepeinigt. Unter dem Bild die
Inschrift: J.W.K. 1800 (Joh. Wenzel Kühner.)
Das
Sanctusglöckchen hat
einen Durchmesser von 49 cm und die Stimmung As-dur. Am Halse
ist es geschmückt mit einem Trauben- und Blätterkranz, am
Mantel mit dem Bildnis des hl. Laurentius. Er war Erzdiakon
des Papstes Sixtus II. und starb zusammen mit 4 Klerikern am
10. August 258 den Martertod. Nach der legendären
Leidensgeschichte aus dem 4. Jahrhundert wurde er auf einem
Rost zu Tode gebraten. In einer Rosette unter dem Bild steht:
Gegossen von K. E. Paul in Reichenberg 1849.
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