Wallfahrtskirchen unserer Heimat

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Wallfahrten,
in Vergangenheit und Gegenwart modern

 


Bildberg-Kapelle, Ruppersdorf

 

Die Bildbergkapelle in Ruppersdorf

Als Wallfahrtsort war Ruppersdorf weithin bekannt. Meine Groβmutter ist jedes Jahr am Annatage zum "Bilde" gegangen. Anton Ressel schreibt in der Heimatskunde über den Ursprung der Wallfahrt:

Dort, wo das "Bild" sich heute befindet, stand in alten Zeiten ein Baum, an dem sich das Bild der unbefleckten Empfängnis Mariens, auf Blech gemalt, angenagelt befand. Neben dem Baume war ein Born, aus dem die Holzarbeiter, wenn sie aus dem Walde heimkehrten, ihren Labetrunk schöpften. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie es, die über dem frischen Quell das Marienbild am Baume anbrachten. Sie waren wohl die ersten Beter an dieser Stelle, da in der damals noch ganz unwegsamen Gegend nur sie und die Jäger verkehrten. Sie mögen auch die Aufmerksamkeit anderer auf dieses Bild gelenkt haben. Ein neben dem Bilde liegender Stein, in dem sich eine kleine eiserne Kasette befand, trug die Jahreszahl 1786, woraus geschlossen werden muβ, daβ damals schon viele Menschen zum Bilde im einsamen Walde pilgerten und ihr Scherflein in die Kasse warfen. Daβ sie dabei aus dem frischen Quell tranken, mit dem Wasser desselben ihre Augen benetzten, demselben eine wundertätige Kraft zuschrieben, ergab sich von selbst. Als 1806 der Bauer Georg Weber in Ruppersdorf schwer erkrankte, gedachte er in seiner Krankheit des "Bildes" und gelobte Gott, für den Fall seiner Wiedergenesung am Rande seines Bauerngutes "Beim Bilde" ein groβes Kreuz errichten zu lassen. Er genas wirklich und löste sein Versprechen 1807 durch Aufführung eines steinernen Kruzifixes und zweier Statuen (Maria und Johannes) ein. Gefertigt war das Bild von Benedikt Herden aus Märzdorf bei Braunau. Der Reichenberger Dechant Philipp Paul weihte die Statue ein in Gegenwart des Grafen Christian Christoph von Clam=Gallas, vieler Honoratioren und zahlreichen Volkes. Nun nahm die Wallfahrt zu. 1817 soll ein erblindeter Junge aus Raspenau, 4 Jahre alt, bei dem Bilde sein Augenlicht wieder erlangt haben. Hierdurch wurde der Zudrang zum Bilde umsomehr vermehrt, als der Genesene von da an jährlich am Sonntag nach Maria Heimsuchung mit einer Prozession beim Bilde erschien. Im Jahre 1833 lieβ Georg Weber auf dem zum Bilde führenden Wege einen steinernen Kreuzweg setzen. Der Weg selbst wurde mit einer Kastanienallee bepflanzt. Zu jener Zeit wurden in Ruppersdorf für die Frauen eigene Kaffeeschenken errichtet; die am meisten besuchte war die der Frau Gräschel wegen des guten Kaffees und der vortrefflichen Kuchen, die sie zu backen verstand. Geor Weber hatte damals auf seinem Hofe ein ständiges Ringelspiel; sein Wirtshaus wurde an Sonn- und Feiertagen von den Stadtbewohnern fleiβig besucht, und in seiner Scheuer schlugen Theatergesellschaften öfters ihre Schaubühne auf.


Wallfahrts-Kapelle in Ruppersdorf.
Eine Aufnahme von 1994

Um 1840 erregte die schwungvolle Wallfahrt die Aufmerksamkeit des Bischofs in Leitmeritz. Der Reichenberger Dechant F. Wolf muβte Bericht erstatten und schrieb u.a.: ..."daβ einige Stadtbewohner und Fremde aus nahen und fernen Kirchspielen in den Sommermonaten an Sonn- und Feiertagen kleine Wallfahrten zum "Bilde" machen, zuvor aber in der Stadt dem Gottesdienste beiwohnen, beichten und kommunizieren und dabei die Geduld der Reichenberger Geistlichkeit auf eine harte Probe stellen. ... Das Bild kann nicht in die Kirche übertragen werden, wie einige meinen, weil dieses seine Beschaffenheit verhindert; es zu demolieren, wie andere raten, scheint nachteilig und gefährlich." Darauf entschied das bischöfliche Konsistorium unter dem 20. Feber 1840, daβ "allerdings auf die Beschränkung und selbst auf die mögliche Behebung des Besuches zu diesem Bilde aus mehrfachen Ursachen hingewirkt werden müsse ...auf dem Wege über die Belehrung durch den Klerus, aber hierbei mit möglichster Schonung, Vorsicht und Pastoralklugheit vorgegangen werden müsse".

Der Zeitgeist brachte dann von selber eine Beschränkung, aber keinen Stillstand der Wallfahrt. 1862 wurde das "Bild" restauriert, 1885 der Kreuzweg. 1905 wurde bei der obersten Kreuzwegstation das Kirchlein gebaut. Es hat dann den Nationalsozialismus überdauert und auch 40 Jahre Kommunismus, obwohl es Ende der 80er Jahre nicht danach aussah. Jetzt ist auch diese Kirche wieder instand gesetzt, wie das neueste Foto zeigt.

 

 

Das Haindorfer Kloster
(nach A. Jäger)

Die Geschichte dieser Wallfahrt beginnt ebenfalls mit einem Bild an einem Baum. Das dortige Gnadenbild soll schon vor 1000 Jahren an einer groβen Linde am Ort des heutigen Klosters zur Verehrung ausgestellt gewesen sein. Die Legende erzählt nämlich von einem Bilde aus dortiger Gegend, welches "die Leute angeredet habe" und das manche für ein und dasselbe mit dem Haindorfer Gnadenbilde hielten. Es ist die "Maria formosa" - Maria, die Anmutige. Der Legende nach soll ein armer Siebmacher aus dem Dorfe Mildeneichen, dessen Frau und Kinder erkrankt waren, nach getaner schwerer Arbeit im Walde sich unter einer schattigen Linde ausgeruht haben und eingeschlummert sein. Da vernahm er eine Stimme: "Geh nach Zittau und kaufe dort ein Bild unserer Lieben Frau und hänge es hier in die Linde!" Der Siebmacher geht am Freitag nach Zittau, aber der Bildhauer will ihm für die 6 Pfennige aus dem Erlös seiner Ware und einem gefundenen Pfennig kein Bild machen. Da tritt die Frau des Meisters dazu und bietet ein altes, seit 11 Jahren auf dem Dachboden liegendes Bild an, das keiner kaufen wolle. Dieses nun gibt der Bildschnitzer dem Siebmacher für den einen gefundenen Pfennig, die anderen sechs schwer verdienten weist er zurück. Der Mann eilt nach Hause und holt seine Familie auf einem Wagen zu seinem Bild in der Linde, alle beten andächtig vor der "Frauenlinde", und die Gebete werden erhört.

1211 soll Bernhard von Biberstein eine Kapelle daselbst errichtet haben, welche hernach wegen groβem Zulauf des Volkes 1252, dann wieder 1272 erweitert wurde.

Katharina von Redern stellte die Wallfahrten ein, lieβ das Gnadenbild nach Reichenberg bringen und aus den Wachsopfern Tafelkerzen machen. Als hierauf am 2. Mai 1615 das Reichenberger Schloβ abbrannte (woraus der Herrin ein Schade von 30000 Gulden erwuchs), gab man dem am Gnadenbilde verübten Frevel die Schuld, und Katharina soll gerufen haben: "Schafft mir die schwarze Maria wieder nach Haindorf!"

Graf Franz von Gallas stiftete am 20. Februar 1691 bei der Haindorfer Kapelle das Kloster der Franziskaner mit der Familiengruft seines Geschlechtes. Der Bau desselben begann 1692 und ward binnen 6 Jahren zu Ende geführt. Am 3. März 1898 zogen 25 Patres ein. Als hierauf die Wallfahrten stark zunahmen und die alte Kirche zu enge war, wurde dieselbe auf Veranlassung der Gräfin Johanna Emerentiana von Gallas 1722 abgetragen und durch den Baumeister Fischer von Erlach bis zum Jahre 1729 die jetzige Kirche zu Maria Heimsuchung erbaut. Sie ist 100 Ellen lang, 70 breit, hat 6 Kapellen, 9 Türen, 66 Fenster, 2 gleichartige Türme und ist mit einem Kreuzgang umgeben. Die Deckengemälde stammen von dem Wiener Künstler Professor Groll.

1761 brannten Kirche und Kloster, wurden aber vom Grafen Johann Christoph zu Clam bald wieder hergestellt. Zunächst Filiale von Raspenau wurde die Kirche 1786 durch Kaiser Josef II. zur Pfarrkirche gemacht. Vor dem 1. Weltkrieg wurden jährlich mehr als 100000 Wallfahrer gezählt.

Wie viele Maffersdorfer haben wohl den weiten Fuβweg durch die Wälder, über die Höhen auf sich genommen und sind in der herrlichen Kirche im grünen Tal

A. Jäger schwärmt in seiner Chronik:
"Die Lage dieser Kirche am Fu
βe massenhafter, grünbewaldeter Berge ist eine entzückende. Hundertausende frommer Waller haben seit ihrer Gründung hier ihre Andacht verrichtet. Wenn diese im Verlauf der Jahre seltener werden und endlich im Zeitenstrome sich verlieren, wenn dieser Steindom weniger besucht wird, alsdann werden die grünen Dome der Berge und die Aussicht von ihnen in Gottes herrliche Schöpfung noch nicht aufhören, im Naturfreunde die seligsten Hochgefühle zu erwecken."

Das klingt fast ein wenig seherisch. Es schien ja, als würde die Kirche nach 1970 zur Ruine werden. Doch nun kehrt neues Leben ein. Und wunderbarerweise vereint der Gnadenort Deutsche und Tschechen im Gebet.

 

 

Filippsdorf - das österreichische Lourdes

Eine Wegstunde von Rumburg entfernt, zur Stadt Georgswalde gehörend, in einer an Naturschönheiten armen Gegend liegt der kleine Ort Filippsdorf, der im Jahre 1866 von sich reden machte. In jener Zeit war der Leidensweg von Magdalena Kade, der Tochter eines Handwebers, die als Kind schon den Vater verloren hatte, auf dem Höhepunkt angelangt. Nach 10 Jahren schwerer Krankheit und dem Tode ihrer Mutter, die sie bis dahin gepflegt hatte, machte eine Krebserkrankung jede Hoffnung auf Genesung zunichte. Im Dezember 1865 nahm der Bruder die Todkranke zu sich. Kaplan Franz Storch bringt ihr in den Weihnachtstagen die Sterbesakramente. Da erscheint der Kranken am 13. Januar 1866 die Lichtgestalt Marias mit den Worten: "Mein Kind, von jetzt an heilt's". Magdalena steht auf, ihre eiternden Wunden sind geheilt und die Schmerzen verschwunden. Mit klarer Stimme erzählt sie Bruder, Schwägerin und Freundin von der Erscheinung. Zwei Tage später geht sie jeder häuslichen und schweren Arbeit nach. Sie starb am 10. Dezember 1905 im Alter von 70 Jahren.

Sie konnte die Entwicklung der Gnadenstätte miterleben.

Nach Bekanntwerden der Marienerscheinung setzte sogleich ein Ansturm frommer Pilger zum "Gnadenhäuschen" ein, ebenso aber versuchten Gottesleugner und glaubensfeindliche Menschen auch, dasselbe zu zerstören und zu verbrennen. Nach langen und gründlichen Untersuchungen durch die Kirchenbehörden und verschiedene Ärzte stand dem Bau eines groβen Gotteshauses nichts mehr im Wege, denn das zu einer Kapelle umgebaute Elternhaus Magdalenas konnte die Beter nicht mehr fassen. Um die Beschaffung der Geldmittel für den Kirchenbau erwarb sich der Kaplan Storch besondere Verdienste. 1870 wurde der Bau begonnen und nach 15 Jahren beendet.

Die Kirche ist im neuromanischen Stil erbaut worden. Die Gnadenkapelle, im gleichen Stil über der Stelle des "Gnadenhäuschens" errichtet, ist links an die Basilika angefügt. Auf der rechten Seite erstrecken sich die Klostergebäude. Am 11. Oktober 1885 wurde das stolze Bauwerk "Maria, Hilfe der Christen" geweiht, und einen Monat später zogen die Redemptoristen in das neuerbaute Kloster ein.

Über sie kam es zur Verbindung mit Maffersdorf, denn die Patres kamen alle paar Jahre zur Mission in unsere Kirche und hielten auch die Marienpredigten während der Maiandachten. Später entstand eine Zweigniederlassung der Redemptoristen in Gablonz, die der bei den Maffersdorfern besonders beliebte Pater Josef Richter übernahm, ein begeisterter Priester, mit dem die jungen Katholiken Ferienwanderungen, Zeltlager und Exerzitien erlebten.

Einige der Patres sind nach dem Krieg nach Gars am Inn gekommen und dort im Redemptoristenkolleg auch beerdigt.

 

 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND