Willy König, berg- und skiverrückt

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WILLI KÖNIG
(* 1913)

Man muß berg- und skiverrückt sein
aus seinen Briefen und Zeitungsberichten 

 

Willi König ist zwar in Franzendorf geboren, ging am Keilsberg in die Schule und war Schriftsetzerlehrling bei Stiepel in Reichenberg, aber seine Heimat war die "Rauschmühle" in Maffersdorf oberhalb des Teichmüllerteiches zum Kaiserstein zu, dort "wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und so viele Pilze wachsen." Die Familie König wohnte dort zunächst in Miete, kaufte dann aber bald das Haus und Grundstück am Bach.

Ich will ihn selbst nun zu Wort kommen lassen:
"In meiner Jugendzeit war ich Mitglied der 'Pfadfinderschaft Jeschken, Reichenberg'. Wir wanderten viel in unserer schönen Heimat, im Isergebirge, Riesengebirge, um den Hammerteich und am Hirschberger See. Wer es nicht erlebt hat, kann nicht ermessen, wie schön unsere Heimat war. Wir kletterten auch viel im Isergebirge, bei den Oberwegsteinen, der Fellerwand, bei Turnau, in Kleinskal und Gro
βskal, im Elbsandsteingebirge. Im Winter war das Skifahren an der Reihe. Jeden Sonntag ging es ins Isergebirge, meist bis Klein-Iser. Ich war natürlich auch beim Maffersdorfer Skiklub. 1932 nahm ich an einem Langlauf über 11 km teil und wurde zweiter in meiner Klasse. Vor dem Krieg ging es den Deutschen in der Tschechoslowakei wirtschaftlich schlecht, unsere ganze Familie war arbeitslos. In dieser Zeit durchwanderte ich halb Europa. In der Hohen Tatra unternahm ich die ersten Hochtouren. Ich trat dem Reichenberger Alpenverein bei. 1939 wollten Franz Hübner, Max Zimmermann und ich das Matterhorn besteigen. Leider wurde daraus nichts; als wir in Österreich nahe der Schweizer Grenze waren, brach der Krieg mit Polen aus, und wir muβten sofort zurück."

Willi König wurde eingezogen, kam zur Infantrie, war meistens in Ruβland und wurde mehrmals verwundet. 1943 heiratete er. Bei Kriegsende geriet er in russische Gefangenschaft, aus der er erst 1947 entlassen wurde. Ohne Heimat landete er zuerst in Mecklenburg und dann in Hannover. Nun hieβ es, eine Existenz aufzubauen und für die Familie zu sorgen. Er wurde technischer Angestellter in einem Kunststoffwerk. Später aber erwachte seine Liebe zum Klettern und Skifahren wieder, er wurde Mitglied der Bergsteiger- und Skigruppe des Deutschen Alpenvereins Hannover. Er besaβ damals noch die alten, schweren, guten Skier aus der Heimat, und mit denen beteiligte er sich an den Wettkämpfen seines Klubs. Da sagte sein Freund zu ihm: Kauf Dir doch die neuen, leichten Langlaufskier. In einem Brief heiβt es dann: "An einem Samstag kaufte ich mir ein Paar neue, leichte Langlaufskier, und am selben Wochenende lief ich einen Langlauf im Harz mit. Nach dem Wettkampf kam aufgeregt Theo Steiner, ein Erzgebirgler, zu mir und sagte, da könne was nicht stimmen, ich sei ja drei Minuten schneller gewesen als er. Er war vorher meist Erster gewesen. Aber auch beim nächsten Lauf war ich wieder drei Minuten schneller als er. Mein Isergebirgstraining war nicht umsonst gewesen." Er belegte noch viele erste Plätze bei den Wettkämpfen seines Klubs. Als erster Hannoveraner nahm er auch am Wasalauf in Schweden teil. Am Wochenende ging es damals meist in die Felsen des Weser- und Leineberglandes. Wer den Kletter- und Wanderführer von Richard Goedecke in die Hand nimmt, wird nicht selten den Namen Willi König als Erstbegeher verzeichnet finden. Viele junge Kletterer haben von ihm gelernt.

Aber das alles war erst der Anfang. Die hohen Eisberge der Alpen lockten, Mt. Blanc, Matterhorn, Monte Rosa. ... Man braucht gute geographische Kenntnisse, wenn man seinen Ski- und Kletterspuren folgen will. Ich will nur einige nennen: sein höchster Berg, der 6270 m hohe Parchamo im Everestgebiet, zwei Sechstausender in Bolivien, der Mt. Whitney, der höchste Berg der USA, der Kilimandscharo und die 800 m Wand des Mt. Kenia in Afrika, die Margherita Spitze im geheimnisvollen Ruwenzori, wo Nil und Kongo entspringen. Wegen der politischen Verhältnisse damals war das seine abenteuerlichste Tour. Und 60 Viertausender kann er aufzählen, darunter die Brenva-Flanke des Mont Blanc. Die Hannoversche Zeitung schreibt am 22. Juli 1982 u.a. unter der Überschrift: Drei Tage dauerte der Anstieg auf den Parchamo: "... Zweimal stürzte er in Gletscherspalten in der Berenina und am Sustenhorn, aber was besagt das schon bei den Tausenden von Spalten, die er überschritten oder umgangen hat. Jetzt ist Willi König schon wieder unterwegs beim Skilaufen in der Silvretta." Um seinen Langlaufspuren zu folgen, braucht man die Europakarte: "Marcialonga" in Italien, "Wasalauf" in Schweden, "Finnlandia hiito" in Finnland, "Koasalauf" in Tirol, "Dolomitenlauf" in Lienz. 1985, mit 72 Jahren, nahm er an der Ski-Weltmeisterschaft für Senioren teil, weil sie zufällig im bayerischen Hirschau stattfand, und belegte im 50-Kilometerlauf den neunten Platz (4 Stunden). Mit der A-Staffel der Bundesrepublik holte er bei den 3x10 km die Silbermedaille. Man könnte noch seitenweise fortfahren. Zum Schluβ will ich aus einem Brief von 1996 zitieren:

"Erwähnen muβ ich noch den gröβten Skilanglauf der damaligen Tschechoslowakei, den Reichenberger 50 km - Isergebirgslauf. Es starteten 7000 Teilnehmer aus vielen Ländern. Es gab nur vier Klassen. Ich lief in Klasse IV und staunte, als ich die Ergebnisliste bekam. Da stand vorn auf der Umschlagseite: Sieger in Klasse IV, Zweiter Willi König, Hannover, DDR. Sie waren halt immer auf DDR-Sieger eingestellt. Jetzt allerdings bin ich alt geworden, das Skifahren und Bergwandern ist eine langsame Angelegenheit. Mit 80 machte ich noch mein 30. Sportabzeichen. Dann war Schluβ. Ich bekam eine neue Hüfte. Im Rückblick muβ ich sagen, um solche Leistungen zu vollbringen, muβ man ski- und bergverrückt sein." Nun wird er sich noch ein wenig seinen anderen Hobbys widmen, dem Garten, seiner Mineralien-und Fossiliensammlung und seinem Interesse für alte Flurdenkmäler nachgeben.

 

 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND