"Fronleichnamstag" - F. Günthel

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Fronleichnamstag
( Fritz Günthel 1964 )

 
 

Ja, nouch dr Foahrt wur's wieder schiene,
kej Wölkl stond om Firmament.
Mr ging'n von'n Knien bis zr Ziehne
ok boarbs, weil su de Sunne brennt.

Su woar's euch immer, wie ich schreibe,
om Dorntsche nouch Dreifaltichkejt:
De Sunne ejne gliehnde Scheibe,
und die Natur ej Herrgottsklejd.

'S bliehn Pumplrusn drauβ'n enn Goartn,
Stiefmitterle stiehn ou berejt,
fr d' Streamadl, die klintschn, zoartn,
enn schnieweiβn Fronleichnamsklejd.

Zengst öm de Korche of 'n Wajge
wur'n vier Oltäre ufgericht
zum Ömzug om Fronleichnamstage;
seahr weit fr Ilchmmann mit dr Gicht.

Dan Streamadln wur'n Locknwöckl
on'n Montschnochmötsche eigedreaht,
Zuvure wur a Zockerstöckl
ei's Locknwosser neigeleaht.

Mit Spuckwichse und Putzpomade
geputzt, und wenns ne Schachtl kost',
Voaters Stieflettn zr Parade,
de Goldmedallje of dr Brost.

Wenn Voater enn Vetranerhutte
vor Link'ns stond ei Reih und Glied,
und Knapp's Kapelle intertute
doas aale "Gott erhalte"- Lied,

de Peller krachtn vur Hujers Haus
und Schwinds Kommando schallte: Rechts schaut!
und se trug'n de gelbe Foahne raus,
miech ieberlief de Gänsehaut.

Enn Sunntschzeuge, schun frieh vor siebn,
Rockt'sch eilich ei de Sakristei.
Heut mu
βt'mr Ieberstundn schiebn,
'ch fuhr ei d' rute Kutte nei.

Zug's Ministrant'nhemde drieber,
'n rutn Kroagn öm a Hols,
Weinkannl zum Oltoare nieber,
Kerzn oagezundt, 's woar oll's.

Dann hullte ich mr 'n Herrn Kat'chet'n.
Mr loas'n z'somm de Masse aus.
Iech toate su, ols wenn mr teat'n.
Geschwinde wor'n mr wieder naus.

Zu'm Omt wor'n olle ohne Mängl,
dr Techant salber wie dr Papst,
sechs Ministranten wie de Engl,
vier Geistliche nabsbei drnabst.

Korchvoater Ilchmann zug de Glocke,
und schlorfernd koam a dann zu mir,
und hint'n aus 'n Kaiserrocke
kuckt's Schnopptoubacketichl vier.

"Du, Fritz, vrgaβt mr ne de Gläckl,
und's Räucherfassl nahmt mr mit,
's Weihwossertöppl mit 'n Deckl,
und halt't mr ja ock gleichn Schritt!"

Su feierlich, 's ös ne zu schöldern,
woar jedes Juhr 's Fronleichnomsfest.
Aus butznscheibschn Heilchnböldern
schien bunte Sunne, die s' dorchlä
βt.

Und weihgeräuchert immer wieder,
dr Pater mit'n Wedl sprötzt.
Es eilen Engel Gottes nieder
zu'n Techant, dar'd om Scheaml sötzt.

"O Engel Gottes eilt hernieder,
die Glocke schalle froh zur Lust!"
Erschallt das schönste aller Lieder,
pocht's ei dr Ministrantenbrost.

Wenn'ch ejne Träne stöll zerdröcke
beim Lied su voller Selichkeit,
kehrt lachend immer mir zuröcke
die schöne, goldne Jugendzeit.

* * * * *

'S Huchomt woar jetz "ite missa est",
de Glockn läutn, ej Gebimml,
de Monstranz aus Gold enn Händ'n fest,
töckt'sch dr Techant undern Himml.

'N Himml trugn oa vier Stengln
wei
βbärt'sche Männer, aalt und schlicht.
Drubcht schwabt'n ane Schwitte Engln.
Mr soag's ok ne, vr lauter Licht.

Und drieber Herrgotts Maienhimml
sponnt blou sich wie Vergi
βmeinnicht.
Nej, nie vrgass' ich doas Gewimml
vo' Streamadln enn Sunnelicht.

Om Pumplrusnteppche wallte
huchfeierlich de Prozession.
Bewegter Chorgesang erschallte,
und unser Techant schwötzte schun.

De Reise ging zu vier Oltär'n.
Dr orschte stond benn Buchbinder.
Vetraner, olle Feuerwehr'n,
Zengstemaring stiehn Schulkinder.

Porschklampners Helm, dar plötzte Plötze,
de Trompetn, 's gru
βe Bumbaβhorn,
ou Schwinds Vetranerfoahn'nspötze.
Heinrich'n woar hejβ, a krichte Zorn.

Weihwosser sprötztn s'of de Leute.
Zu zweit gieht's schun zum Büttner nöm.
De Borkl ropp'n se, die Meute,
wie närr'sch, se treibn's goar zu schlömm.

Und immer hejβer prosslt's runder,
Ilchmann zrschlorfert Strouβnstoub.
Keam a Gewitter, 's wear kej Wunder,
Schejβperl'n perltn of senn Koup.

Benn Büttner woar dieselbe Leier,
's wur weihgeräuchert und gesprötzt.
Mariech'n niest dorch ihr'n Schleier.
Ob's Weihwosser bei dar woas nötzt?

Ei's Büttnerhaus sproang'n zahn Vetraner
und Feuerwehr'n noch vill miehr.
Woas die dort wollt'n, wo
βte an-er:
Se lieβn Wosser, schold woar's Bier.

Und hintanouch Frau Schäfer-Scholze,
die hott' n Koffej obzuseihn.
Se töckt sich hindern Braterholze
und tut ols sucht se woas, ach nein!

Und nunder ging's zr Elstnermiehle,
om Nei
βedomm, zu Baudisch nöm.
Die huchn Bejmer macht'ns kiehle,
mr stondn olle enn Schott'n röm.

De Schwoalbn flugn ötz su niedrich,
a gealcher Windstu
β plejdert uf.
Na wort ok wort, mei lieber Friedrich!
Schworz tärmert's iebern Jeschkn ruf.

Dr Techant undern Seidndachl
fing langsom ötz zu Fejdern oa.
Mein Gott! Wie schwötzt dar döcke Klachl!
Benn Körberloadn koam's ötz droa.

Ganz schworz stond's ieber dr Fabröcke,
a Windstu
β, 's ruch nouch Wolknbruch.
'S gewitter soaβ und enn Gen
öcke.
Dr Techant kloppte zu sei Buch.

A Zischeplitz fuhr ei de Glieder,
a Toppldunnrich krachte druf.
Die Engel Gottes eilten nieder
und wejcht'n olle Lock'n uf.

De Kinder plärrt'n, Schluβ mi'n Worbl.
Ok fort, ok hejm, ok ei a Haus!
Se noatscht'n ei de leer'n Korbl,
su sahn ne Gottes Engl aus.

De Quaisern sprong enn noaβn Drecke,
enn grou'n Klejd aus Kreppdechin,
se rofft sechs weiβe Underrecke,
de Bejne soag mr bis zu'n Knien.

Om mejst'n sprong, ols teats wu blous'n,
'n Korchberg Fräulein Zeisig nuf,
vrlur de wei
βn Röschlhousn,
Herr Lehrer Trommler hub se uf.

* * * * *

Dr Techant soas benn Möttagass'n,
's goab Schnötzl, Kneatl, Sauerkraut.
'S wur wieder schiene underdass'n.
War heute noch 'n Water traut?

Gott's Engl song'n mit uns Lieder,
se flug'n ötz hejm ei's Paradies.
Doch nächstes Juhr, dou kumm se wieder,
wenn'ch nischt wej
β, doas wejβ ich gewieβ.

* * * * *

Wenn'ch tuut war of 'n Brate weil'n,
de gru
βe Noase steil zum Licht,
war'n wieder Engl niedereil'n.
Hult mich! Dr Teifl mag mich nicht.

 

 

Nochmals eine Nachhilfe in Maffersdorferisch:

Foahrt = Kirchweihfest mit Rummel am Dreifaltigkeitstag, 
boarbs = barfu
β, 
Ziehne = Zehe, 
Pumplruse = Pfingstrose, 
Streamadl = Streuengel, Kinder, die vor dem Allerheilisten Blumen streuen, 
Peller = B
öller, 
Sunntschzeug = Sonntagskleider, 
Techant = Dechant / Dekan, 
Korchvoater = Kirchendiener / Mesner, 
Schnopptoubaketichl = Schnupftuch, 
schlorfern = schlürfend laufen, 
aus butznscheibschn Heilchnböldern = gemeint die bunten Glasfenster unserer Kirche, 
drubcht = drüber, 
töck'n = sich ducken / bücken, 
ejne Schwitte = eine Schar, 
zengstemaring = rundherum, 
dar plitzte Plötze = der blitzte Blitze, 
ropp'n = rupfen, 
Bejmer = Bäume, 
gealch = scharf / schnell, 
plejdern = wirbeln, 
schworz tärmert's = schwarz türmt sichs, 
Toppldunnrich = Doppeldonner, 
ok = nur, 
noatsch'n = weinen, 
Rischlhousn = Unterhosen mit Rüschen.

 

 

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