Wilhelm Hübner - Streiter für die Postbenutzer

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WILHELM HÜBNER
( * 1929 )

Einer, der Post und Telekom das Fürchten lehrt
Frankfurter Allgemeine 23.3.1994
Festschrift zum 65. Geburtstag

 

Von vielen, die für Post und Telekom in Deutschland Verantwortung tragen, wird Wilhelm Hübner gefürchtet. Das liegt nicht nur an der schonungslosen Art, in der der Vorsitzende des Verbandes der Postbenutzer Miβstände und ihre Urheber anprangert - und den Verband im Gespräch hält. Hübners besonderer Ruf gründet sich auf beharrliche, fundierte Kritik, die dem Minister und den Vorständen von Postdienst, Telekom und Postbank schon manches Aha-Erlebnis bescherte.

Wilhelm Hübner wurde 1929 in Maffersdorf Nr. 516 in der Nähe der Station Maffersdorf-Sauerbrunn geboren. Sein Vater war der Hübner-Bauer. Er besuchte nach der Volks- und Hauptschule die Handelsakademie in Reichenberg bis zur kriegsbedingten Schlieβung aller weiterführenden Schulen 1944. Im Frühjahr 1945 wurde er zum Arbeitsdienst im Wehrmachtseinsatz eingezogen und geriet nach der Kapitulation in amerikanische Gefangenschaft. Nach seiner Entlassung schlug er sich nach Hause durch, wurde von den Tschechen eingesperrt, zur Zwangsarbeit verpflichtet und 1946 ausgewiesen.

Er kam nach Oberhessen und begann - alle weiterführenden Schulen waren noch geschlossen - in Gieβen eine kaufmännische Lehre. Nach einer Tätigkeit als Buchhalter und Organisator wechselte er 1955 zur Wetzlarer Neuen Zeitung als Hauptbuchhalter, ein Jahr später wurde er Verlagsleiter. 1963 ging er nach Offenbach und wurde Geschäftsleitungsmitglied des Verlages Offenbach Post und 1970 alleiniger Geschäftsführer der katholischen Wochenzeitung Publik.

1951 heiratete er Frau Gisela, geb. Konrad. Aus der Ehe stammen drei Kinder. Nachdem diese erwachsen waren, absolvierte Frau Hübner eine zweite Ausbildung als Büchereiassistentin und leitete die Patientenbücherei eines Offenbacher Krankenhauses. 1965 zog die Familie in ihr Einfamilienhaus in einer Neubausiedlung in Neu-Isenburg. Für die insgesamt 160 neuen Häuser gab es alles, nur keine Telefonanschlüsse. Da Hübner, wie etwa 100 weiter Antragsteller aus der Siedlung, dringend auf den beantragten Telefonanschluβ angewiesen war, verklagte er mit Unterstützung von 18 Mitbetroffenen die Post, die daraufhin zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen festen Einrichtungstermin für die Telefonanschlüsse aller Antragsteller dieser Neubausiedlung nannte. Hübner glaubte, damit sein Ziel erreicht zu haben. Er irrte sich gründlich.

1968 gab es bundesweit knapp sieben Millionen Telefonanschlüsse (heute über 35 Millionen), aber eine Million Antragsteller. Die Deutsche Bundespost und die Zuliefererindustrie hätten die Warteliste innerhalb weniger Monate abbauen können, wollten dies jedoch nicht aus arbeitspolitischen Überlegungen heraus. Als Ausfluβ der Not, ohne Telefon keine Geschäfte machen zu können, bekam Hübner Anrufe, Briefe und Telegramme aus der ganzen Bundesrepublik mit der Bitte, doch seine Erfahrungen zu nutzen und zu helfen.

Das war gar nicht so einfach. Zusammen mit sechs Gleichgesinnten gründete Hübner den Verband der Postbenutzer, der bis 1971 nur nebenberuflich geführt werden konnte. In den ersten Jahren bestand die Tätigkeit des Verbandes fast ausschlieβlich darin, für seine Mitglieder die Herstellung der beantragten Telefonanschlüsse durchzusetzen. Die Erfolge sprachen sich herum. Im Laufe der Zeit wurden die Anforderungen an den Verband immer umfangreicher. Die Wirtschaft, aber auch die öffentliche Hand als Postkunden hatten immer mehr Probleme mit der Post, die gelöst werden muβten, immer mehr Postkunden brauchten sach- und fachkundige Hilfe. Der Verband half, die Zahl der Mitglieder wuchs beständig.

Nutzte die Post in den Anfangsjahren jede Gelegenheit, um den Verband und damit Hübner abzuqualifizieren ("der Dilletant", "der Querulant hat wieder geschrieben" usw.), so hat sich das längst gewandelt. Heute gilt Wilhelm Hübner nicht nur als anerkannter Fachmann, sondern er hat zusammen mit seinen Mitarbeitern und vielen Helfern auch den Verband zu seiner heutigen Bedeutung geführt. Er ist heute die gröβte und älteste Verbraucherorganisation dieser Art in Europa, eine öffentliche Förderung hat er nie benötigt.

Wilhelm Hübner hat sich auch als Buchautor, Autor einer Vielzahl von Beiträgen in Fachzeitschriften, Referent bei Kongressen, Messen und Ausstellungen, aber auch als gesuchter Gesprächspartner von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft einen Namen gemacht.

Hobbys hat er auch, Bergwandern und Fotografieren und das Sammeln von Fotoapparaten, aber sein Haupthobby - der Verband der Postbenutzer - läβt ihm wenig Zeit für seine vielseitigen Interessen.

 

"Die Aufgaben sind aber so vielfältig, daβ ich wohl noch eine Weile weitermachen muβ," schrieb mir Wilhelm Hübner 1996.

 

 

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