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I N B L I C K I N D I E
G E S C H I C H T E
Information
in Kurzfassung
angelehnt an
E. Franzel, "Sudetendeutsche Geschichte"
und "Die
Sudetendeutschen - eine Volksgruppe im Herzen Europas" von
Böse / Eibicht.
1.
Böhmen in der Mitte Europas
Böhmen, in
dessen Randgebieten die Deutschen jahrhundertelang Heimat und
Lebensraum hatten, lag nie "am Rande des
Weltgeschehens", sondern war Kreuzungspunkt europäischer
Völkerwanderungen, wichtiger Handelswege und Heerstraβen,
damit Schnittpunkt europäischer und christlicher
Kulturströme. Geographisch gesehen ist es Mittelpunkt
Europas; d.h. es war und ist rundum von Nachbarstaaten
umgeben, was seine Politik beeinfluβte und bestimmte. Die
Deutschen spielten darin durch die Jahrhunderte eine wichtige
Rolle,
ausgleichend und belebend.
2.
Die Urbevölkerung
Vor über 2000
Jahren lebten in Böhmen die keltischen Bojer, die dem Land
den Namen gaben und später teilweise nach Westen wanderten
(Bayern). Die Ortsnamenforschung fand heraus, daβ
vorher oder zu gleicher Zeit Illyrer dort seβhaft waren,
ehe sie sich der Balkanhalbinsel zuwandten. In das Gebiet
wanderten auch Germanen aus Nordwesten ein, die in Böhmen als
Markomannen und in Mähren als Quaden auftraten. Diese beiden
Volksstämme stellten sich mit groβer Zähigkeit gegen
die Eroberung durch die Römer. Viele andere Stämme hinterlieβen
in den Stürmen
der Völkerwanderung Spuren und Reste in Böhmen.
3.
Die slawische Besiedelung
Während der
Völkerwanderungszeit sind wahrscheinlich auch Slawen aus dem
Osten eingewandert, allerdings vereinzelt nicht in ganzen
Familien- oder Dorfgemeinschaften unter obrigkeitlicher
Anleitung, wie das der germanische Bauer tat. Namen und
Bodenfunde beweisen das. Ende des 6. Jahrhunderts wurden die
Slawen von den Awaren unterworfen und versklavt. Ein
markomannischer Edeling, Samo mit Namen, soll sie befreit
haben. Endgültig wurden die Awaren ja dann von Karl dem Groβen
besiegt. Er führte im Jahre 805 auch einen Feldzug gegen die
Slawen in Böhmen. In der Folge wird von Kämpfen, aber ebenso
von Verträgen, Handels- und Kulturbeziehungen berichtet.
Slawische Stämme breiteten sich bis zur Ostsee und ins
heutige Holstein aus und ihr Einfluβ reichte bis zur
Adria. Seinen Schwerpunkt hatte dieses Reich im 9. Jahrhundert
in Mähren.
Am Ostrand des ostfränkischen Reiches traten die Slawen bald
als Feinde oder Räuber, bald als Verbündete auf.
4.
Herzog Wenzeslaus
Um das Jahr
900 brachen die Ungarn nach Europa ein und zertrümmerten das
Groβmährische
Reich. Die Südslawen wurden durch einen mächtigen
magyarischen Keil von den Westslawen getrennt. Bei den
Raubzügen nach Westen verwandelten die Magyaren auch das
Herzogtum Bayern in ein Trümmerfeld. Damit verlagerte sich
der Schwerpunkt des werdenden deutschen Königreiches nach
Norden. Der Sachsenherzog Heinrich wird König. Er sah eine
seiner vornehmsten Aufgaben darin, die ungarische Gefahr zu
bannen und die Ostgrenze des Reiches zu sichern. In Herzog
Wenzel, einem von christlichem Glaubenseifer erfüllten jungen
Fürsten, fand er einen Verbündeten für die Friedenspolitik
mit den Deutschen. Gegen die Politik Wenzels stand sein Bruder
Boleslav als Führer der Opposition auf und erschlug Wenzel im
Jahre 929 am Tor der Kirche zu Altbunzlau. Aber wenige Jahre
später muβte sich Boleslav selbst den Deutschen
unterwerfen. Er trat in ein Tribut- und Bundesverhältnis zum
deutschen König ein. Im Jahre 955 bei der entscheidenden
Schlacht gegen die Ungarn fochten die Böhmen auf dem Lechfeld
unter dem Befehl und an der Seite des deutschen Königs Otto
des Groβen. Wenzel wurde in den Augen und dem Bewuβtsein
des böhmischen Volkes eine lichte Helden- und Heiligengestalt
und der Landespatron. Da er als Opfer seiner Versöhnungspolitik
gegenüber dem deutschen Königtum sterben muβte, verband
er die beiden Völker
auch enger miteinander. Bis ins 20. Jahrhundert erbt sich sein
Name in den deutschen Bauerngeschlechtern Böhmens fort.
5.
Das Königreich Böhmen
Otto wurde
Kaiser des später so genannten "Römischen Reiches
Deutscher Nation". Das von slawischen Herzögen
beherrschte Böhmen wuchs als Lehensstaat des Mittelalters
organisch in das Römisch-Deutsche Reich hinein. Das hatte
zweierlei Folgen. Zum ersten trugen die durch das Reich
laufenden Verkehrslinien zur friedlichen Erschlieβung
der böhmisch-mährischen
Gebiete bei. Die Deutschen kamen nicht in Rüstung und mit
Waffen in die Randgebiete Böhmens, sondern mit Pflug und
Schaufel, mit schwieligen Händen.
Zum anderen
traten Böhmen und Mähren in den Rahmen der kirchlichen
Organisation Deutschlands. Da die Kirche im Mittelalter nicht
nur geistliche und kulturelle Aufgaben hatte, sondern die
ganze Zivilverwaltung ausübte, die soziale Fürsorge
übernahm und das gesamte Erziehungs- und Bildungswesen
hütete, war die Bindung der böhmischen Länder an die
Organisation der Römisch-Deutschen Reichskirche von
ausschlaggebender Bedeutung für die sich anbahnende enge
Schicksalsgemeinschaft zwischen den Deutschen und den
böhmisch-mährischen Slawen. Ein Deutscher, der durch Tat und
Beispiel Bedeutendes für die friedliche Zusammenarbeit der
Völker gewirkt hat, war der Benediktinereremit Gunther. Er muβ
hohe diplomatische Fähigkeiten mit tiefer Religiosität
verbunden haben. Er vermittelte während der Kämpfe Kaiser
Heinrichs III. mit dem Herzog von Böhmen Waffenstillstand,
Gefangenenaustausch und den Frieden. Mit ihm haben die
Deutschen einen ersten heiligmäβigen Mann in der Galerie
religiöser
Vorbilder in der Geschichte Böhmens gestellt. Über
Generationen hinweg standen die deutschen und böhmischen
Fürsten treu zueinander. Ab 1198 war die Königswürde in
Böhmen erblich. Aus dem Herzogtum war ein Königreich
geworden, bestätigt von den deutschen Kaisern.
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