7.
Das Goldene Zeitalter Böhmens
Diese
Epoche ist mit dem Namen König Karls IV. verbunden. Er war
Sohn einer böhmischen Prinzessin und des Herzogs Johann von
Luxemburg, wurde am Hofe in Paris erzogen, wo er auch seinen
Namen Wenzel gegen den seines königlichen Paten Karl
tauschte, und sprach flieβend deutsch, tschechisch,
französisch und italienisch. Selbstverständlich las und
sprach er lateinisch und in Frankreich lernte er den Wert
wissenschaftlicher Studien schätzen. Frühzeitig beherrschte
er die Kunst der Diplomatie und des höfischen Benehmens. Nie
vorher hatte ein deutscher König und römischer Kaiser eine
solche Hausmacht besessen, und Karl ging bei seinem
Regierungsantritt sofort an eine umfangreiche Reformarbeit im
Rechtswesen, im monarchischen Erbrecht, in der Kolonisation
und im Handelswesen. Karl förderte jegliche Art von Gewerbe
und rief vorzüglich Männer von groβem Wissen und
besonderer Kunstfertigkeit ins Land. Der Land- und
Forstwirtschaft galt sein Augenmerk. So gab es in den
Sudetenländern seit dieser Zeit eine gesetzlich geregelte
Forstpflege und im Elbetal begannen deutsche Weinbauern mit
der Rebenzucht. Das Gesicht der Stadt Prag trägt die
Handschrift Karls. Ein Schwabe, der Baumeister Peter Parler,
war sein maβgebender Berater in Fragen der Stadtplanung
und bei seinen groβen Bauvorhaben. Mit ihm waren viele
deutsche Handwerker nach Prag gekommen. Sie schufen mit den
slawischen Arbeitern zusammen diese herrliche Stadt. Parler
hat weit über Prag hinaus gewirkt. Von besonderer Bedeutung
aber war die Gründung der ersten deutschen Universität in
Prag, auch ein Werk Karls IV. Die Studierenden erhielten alle
Rechte und Freiheiten, wie sie die Studenten von Paris und
Bologna hatten. Der Schlesier Johann von Neumark, den der
Kaiser als Leiter der Kanzlei des Kaisers nach Prag berief,
legte hier die Grundlagen der neuhochdeutschen Schriftsprache,
auf der Meiβnerischen Kanzleisprache beruhend. Am Ende
der Regierungszeit Karls IV. (1346 - 1378) waren Böhmen und
Mähren zur Hälfte deutschsprachige Länder. Aus
Pfarrbüchern, Listen des Erzbistums Prag, Stadt- und
Losungsbüchern sind der Verlauf der deutschen Sprachgrenzen
und Einwohnerzahlen nachzuweisen seit dem 14. Jahrhundert.
Karl IV. machte weitreichende europäische Politik (u.a. auch
mit Heiratsverträgen), auf die hier nicht im einzelnen
eingegangen werden muβ. Den für die Zukunft
folgenreichsten Vertrag schloβ er 1363 zu Brünn mit
seinem Schwiegersohn, dem Habsburger Rudolf IV. von
Österreich. Es war ein wechselseitiger Erbvertrag. Der Weg
war bereitet für ein Zusammenwachsen der Länder im
Donau-Moldauraum. Karl war einer der bedeutendsten Herrscher
des Mittelalters und wohl der gröβte, der je die
böhmische Krone trug. Der Streit um seine Nationalität ist
müβig. Als König von Böhmen war er Böhme, und das hieβ
damals ebensogut Deutscher wie Tscheche, nach seiner Bildung
war er Franzose, als Römisch-Deutscher Kaiser hätte er sich
wahrscheinlich ebensogut einen Römer wie einen Deutschen
nennen können. Man hatte in jenen Tagen keinen Begriff von
den trennenden Merkmalen der Sprache und Nationalität,
sondern betonte eher das Bindende. In der Geschichte der
Sudetendeutschen stellte seine Regierungszeit einen Höhepunkt
und eine Blüteperiode dar. Ein tiefer Fall sollte mit seinem
Sohn und Nachfolger kommen.
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