Wenn von der Schule die Rede sein soll,
muß ich ein wenig weiter ausholen, denn da sind wir ja alle
Betroffene und wohl auch interessiert.
DIE
MAFFERSDORFER SCHULGESCHICHTE
ist sehr alt und wechselvoll. Meine Angaben
darüber stützen sich auf die Aussagen von A. Jäger in
seiner Chronik (1866), von A. Ressel in der Heimatskunde
(1903) und von dem Lehrer A. Appelt in einem Aufsatz "Zur
Schulgeschichte von Maffersdorf" (ca.1938).
Die älteste Schule des Ortes stand
unmittelbar unterhalb der Kirche. Das kleine Besitztum war
ursprünglich ein Auengarten - ich habe die
"Gärtner" im Kapitel über die Bauern erwähnt -
und mag wohl zu den ältesten Siedlungsstätten dieser Art in
der Gemeinde gehört haben. Am 29.April 1585 kaufte Jakob
Demuth von Michel Lange dessen Häusel und Garten "in der
Auen bei der Kirchen gelegen" um 13 Schock. Als Jakob
Demuth mit Tod abgegangen war, kaufte am 16.März 1617 die
"ganze Gemeinde" von dessen Erben den Garten
"vor der Kirchen in der Auen gelegen zu einer Schulen
für 48 Schock." Von diesem Tage an hat dieses kleine
Häuslein, wenn auch in wechselnder innerer und äußerer
Gestalt, dem "edlen Zwecke gedient, der heranwachsenden
Jugend eine Stätte der Bildung zu sein". Erst 1745
hören wir wieder von der Schule. Das Haus muß baufällig
gewesen sein, denn es wurde an gleicher Stelle durch einen
Neubau ersetzt, ein niedriges hölzernes Gebäude mit einer
ziemlich geräumigen Stube, worin zwei Reihen Bänke zur
Aufnahme der Kinder während des Unterrichts bestimmt waren.
Die Stube diente aber gleichzeitig dem Schulleiter und seiner
Familie als Wohnung. Später wurde ein Bretterverschlag
angebracht. Die beiden anderen Räume dienten als Stall und
Vorratsraum. Im Jahre 1807 wurde das Haus abgetragen und durch
ein ebenerdiges steinernes Haus ersetzt, das zu Jägers Zeit
die Nr. 85, zu Appelts Zeit die Nr. 119 hatte und in den 60er
Jahren des 20.Jahrhunderts noch stand. In diesem Hause waren
Schulzimmer und Lehrerwohnung getrennt. Ich zitiere A. Jäger:
"Gewesene Schüler von Anno dazumal erzählten mir als
Greise von der in ihrer Kinderzeit üblichen
Unterrichtsmethode. - Der Hauptgegenstand, das Lesen, wurde
durch Buchstabieren gelernt; die Ruthe, als Zepter in der Hand
des Schulmeisters mit langem Zopf und strenger Amtsmine, ward
fleißig gehandhabt, und spielte unter Beherzigung des
urdeutschen Spruches: Wer nicht hören will, muß fühlen, und
verschiedener Bibelsprüche beim Unterricht eine
Hauptrolle.... Wenn Hans oder Peter zum Lesen aufgerufen ward,
und ihm die Silben im Halse stecken blieben, zog ihn der
Lehrer bei den Ohren aus der Bank... Also roh und
handwerksmäßig ward das edle Unterrichtswerk ausgeübt,
bevor es zur Kunst ausgebildet war... Die Bildung der Lehrer
war ehedem nicht geeignet, auch nur den bescheidensten
Anforderungen zu genügen; handwerksmäßig wurde das
Lehrgeschäft vom Lehrer seinem Sohne oder einem fähigen
Schüler... eingeübt... Das Einkommen des Lehrers war hier
wie allenthalben, so wie hundertfache Klagen es oft genug
geschildert haben: Zum Verhungern zu viel, zum Leben zu
wenig... So war der Lehrer bemüßigt, zur Ergänzung seines
Unterhaltes auf nebenseitigen Erwerb bedacht zu sein, wozu
besonders Wirthshausmusik, Gerichtsschreiberei,
Hochzeitsbitten u.s.w. Gelegenheit bot..."
A. Jäger, wie wir wissen, ein sehr lernbegieriger
Mensch, bedauert sehr das geringe Ansehen der Lehrer. Er
klagt: "In den im Thurmknopfe aufbewahrten Denkschriften
sind die Obrigkeiten vom Kaiser bis zum Gemeindeschöppen und
Jungrichter, vom Papst bis zum Kirchenvater benannt, doch hat
man es nicht der Mühe werth befunden, des Schulmeisters als
solchem zu gedenken, und wären diese nicht zugleich
Kirchenschreiber gewesen, so wüßten wir von allen Lehrern,
die in Maffersdorf vor Menschengedenken die Kinder
unterrichtet haben, nicht einmal einen Namen."
Ich möchte hier einige der Namen angeben
in der zeitlichen Reihenfolge: Christoph Seidel (um 1627),
Adam Thumme (um 1645), Christoph Lux (um 1651), Christoph
Seidel und Johann Friedrich Ehrlich (beide um 1665), später
sein Sohn Gottfried Josef Ehrlich (bis 1737). Nach ihm tritt
die weitverzweigte Schulmeisterdynastie Möldner an der
Maffersdorfer Schule auf, um sich daselbst volle 200 Jahre im
Schuldienst zu behaupten. Der erste wissenschaftlich gebildete
Lehrer an der Maffersdorfer Schule, in Prag als
Hauptschullehrer geprüft, war Gottfried Pischelt (bis 1850),
".. ein wackerer und tüchtiger Schulmann - in jener Zeit
sicher einer der besten - und ein hervorragender
Kirchenmusiker..."
Zur Auflockerung zwei
Anekdoten aus A. Jägers Chronik: " Ein Knabe, nachdem er einige Monate
die Schule besucht, wurde von seinem Vater vorgenommen, damit
er zeige, was er schon gelernt habe. - Zum Erstaunen des
Vaters, der auf ein holpriges Buchstabieren gefaßt war, fing
der Knabe an, ohne Anstoß Silben und Wörter vom Blatt zu
lesen. 'Potz tausend !' rief der überraschte Vater, 'du
kannst schon lesen, Junge ? Da wärest du ja eigentlich mit
der Schule schon fertig. Bei meiner Schulzeit ging das nicht
so schnell...' Nach einer Taufhandlung wurde der Taufpathe vom
Pfarrer gefragt, ob er seinen Namen selber in die Taufmatrik
schreiben könne. 'Freilich kann ich das; ich bin ja bei
Pischelt in die Schule gegangen', war die Antwort. "
Bei Gottfried Pischelt ging auch Ignaz
Ginzkey zur Schule. "Ihm verdankte Ignaz Ginzkey seine
sorgsame Schulbildung und damit die Grundlage seines ...
später so reichen Wissens," sagte 1943 Dechant P.
Bichler in der Festansprache zum 100jährigen Bestand der
Firma Ginzkey.
Das erste
Schulgebäude (in Maffersdorf)
Der Nachfolger Pischelts war sein
Schwiegersohn Anton Hübner. Unter seiner Amtsdauer erfolgte
der große wirtschaftliche Aufschwung der Schulgemeinde, der
Übergang vom vorwiegend landwirtschaftlichen Dorfe zum
Industrieort und der damit verbundene gewaltige
Bevölkerungsanstieg. Die Schulraumnot muß in dieser Zeit
zeitweilig ganz schlimm gewesen sein. Dies nicht nur in
Maffersdorf, sondern auch in der Filialschule Proschwitz /
Neuwald. Die Kinder wurden teilweise auf dem Dachboden, im
Wohnzimmer des Lehrers, im Holzschuppen und im Garten
unterrichtet. Die Schülerzahl war in Maffersdorf auf 530, in
Proschwitz auf 260 gestiegen. Bei halbtägigen Unterrichte
waren kaum 360 bzw.180 unterzubringen. Neue Schulhäuser waren
vonnöten, aber der Weg dahin war schwierig. A. Jäger merkte
an: " Kommissionen über Kommissionen wurden gepflogen,
erst oberämtliche, dann bezirksämtliche und kreisämtliche,
mehr denn 20 an der Zahl! Stöße von Akten wurden
vollgeschrieben, und die aufgelaufenen Tagegelder betragen
eine erkleckliche Summe. Projekte wurden ausgearbeitet und
wieder verworfen, man berieth und stritt...; doch vor lauter
rathen kam man nicht zu Thaten." Ich habe das angeführt,
weil es so modern klingt. Große Schwierigkeiten machte
natürlich die Beschaffung der nötigen Finanzmittel,
besonders Proschwitz und Neuwald waren sehr schlecht dran.
"... Darum wollten Viele den Schulbau bis zu einiger
Erholung hievon verschoben wissen. - Andere sagten dagegen:
Unsere Nachkommen müßten noch ärmer werden, als wir es
sind, wenn wir versäumten, die Mittel zur Jugendbildung
beizuschaffen....Bildung ist in der heutigen Zeit ein
unerläßliches Mittel, um vorwärts zu kommen. Vollenden wir
darum ungesäumt das Werk."
Volksschule
Proschwitz (links oben)
So wurde 1861 der Bau eines neuen
Schulhauses in Maffersdorf und Proschwitz in Angriff genommen,
und beide Häuser wurden am 29.Oktober 1862 eingeweiht.
"Da gab es ein Freudenfest, wie seit Menschengedenken
hier keines gefeiert worden war. Hier ward es recht offenbar,
daß die Erreichung eines guten Zweckes desto größere Freude
bereitet, je länger derselbe mit Sehnsucht erstrebt worden,
mit je größeren Opfern er erkauft werden mußte.
... Schon der Vorabend wurde ..... mit Musik, Böllerschüssen,
Feuerwerk und Beleuchtung begangen. ... Der Morgen versammelte
die Geistlichkeit, Beamten, Lehrer, Gemeindevertreter und viel
Volks von Nah und Fern .... Festzug, ... Weihe ... Hochamt ...
Es war ein allgemeiner Freudenrausch ..." A. Jäger
schwelgt geradezu in der Beschreibung der Festlichkeiten.
Die zweite Schule,
später Post und Gemeindeamt
Nur kurze Zeit konnten sich der Schulleiter
Anton Hübner, seine Unterlehrer und Schulgehilfen des
großzügigen Raumangebotes von 4 Klassenzimmern erfreuen,
denn schon 10 Jahre später erwies sich das Schulhaus abermals
zu klein und mußte durch Anbau von zwei Flügeln um weitere 4
Lehrzimmer erweitert werden. Der Voranschlag des
Erweiterungsbaues belief sich auf 4820 Gulden, die Ausführung
kam aber dann auf 8567 Gulden zu stehen. Der Fabrikant Ignaz
Ginzkey sen. schenkte die Ziegel zum Baue und streckte die
Bausumme unverzinslich vor. Am 1. September 1873 wurde das
erweiterte Schulhaus mit einer kleinen Feier wiedereröffnet
und gleichzeitig übernahm der neue Oberlehrer Josef Fischer
die Leitung der Schule für die nächsten 20 Jahre. Dieses
Schulhaus war das spätere Gemeinde- und Postamt. Ich möchte
noch ein paar Zeilen über die Person Josef Fischers anfügen,
weil es von allgemeinen Interesse sein könnte. A. Appelt
schreibt:
"... Zahlreiche gemeinnützige
Einrichtungen in der Gemeinde, vielfache Verbesserungen und
Ausgestaltungen des örtlichen Schulwesens gehen auf ihn
zurück:
1875 |
Einführung des Unterrichts in
weiblichen Handarbeiten, |
1876 |
Anlage eines Schulgartens, |
1877 |
Gründung des Spar- und
Vorschußvereins, |
1881 |
Errichtung eines Kindergartens, |
1882 |
Errichtung der gewerblichen
Fortbildungsschule, |
1883 |
Gründung des landwirtschaftlichen
Kasinos, |
1888 |
Eröffnung einer Suppenanstalt für
arme Schulkinder, |
1888 |
Veranstaltung einer
Gewerbeausstellung in Maffersdorf, |
1890 |
Einführung des unobligaten
Handfertigkeitsunterrichts, |
1890 |
Errichtung der Knabenbürgerschule. |
Direktor J. Fischer betätigte sich auch
hervorragend als Obmann und Mitarbeiter zahlreicher Vereine
des Ortes, war schriftstellerisch, dichterisch und musikalisch
tätig; im ganzen genommen ein reichgebildeter, vielseitiger,
energischer Charakter.... "
In seine Amtszeit fiel auch in den Jahren
1889 - 1890
der Bau der letzten Schule
- der Volks- und Bürgerschule -
".. die dem Orte zur Zierde gereicht
und um deren Errichtung und Ausstattung sich Fischer reiche
Verdienste erwarb ..." A. Appelt.
Vielleicht ganz interessant ist auch die
Zusammensetzung des Maffersdorfer Ortsschulrathes in dieser
Zeit. Ich habe die Namen dem Jahresbericht von 1875 - 78
entnommen.
Obmann: |
Herr Anton Staats |
Fleischhauer und Gastwirt |
Schulinspektor: |
Herr Gustav Hauser |
Holzhändler |
Mitglieder: |
Herr Ignaz Ginzkey |
Teppich- und Deckenfabrikant |
|
Se. Hochw. Herr P. Thaddäus Appelt |
Pfarrer |
|
Herr Josef Elger |
Ökonom und Ziegeleibesitzer |
|
Herr Ignaz Hopf |
Hausbesitzer und Gemeindevorsteher |
|
Herr Josef Lang |
Webwarenerzeuger und Wollhändler |
|
Herr Josef Linke |
Fleischhauer und Realitätenbesitzer |
|
Herr Stefan Schäfer |
Fabriksdirektor |
|
Herr Josef Fischer |
Leiter der Schule |
|
Herr Franz Peukert |
Schmiedemeister |
Die Schule hatte in diesen Jahren außer
dem Schulleiter 5 Lehrer, 4 Unterlehrer, 2 Religionslehrer (
Pfarrer und Kaplan ) und 1 Handarbeitslehrerin.
Die Lehrerbibliothek zählte 222 Bände,
die Schülerbibliothek 476 Bücher, welche von den Schülern
zu 84 - 100 % benützt wurde, wie eigens vermerkt ist.
Ich meine, Lehrer und Ortsschulrath müssen
ein sehr gutes Team gewesen sein.
Wie notwendig der Bau der neuen Schule
geworden war, läßt sich aus den Schülerzahlen entnehmen.
Die Schule zählte 1873, also bei Baubeginn des 2. Schulhauses
und Dienstbeginn Josef Fischers, 6 Klassen, 1874 7 Klassen,
1875 9 Klassen, 1877 10 Klassen, 1883 11 Klassen, 1886 12
Klassen. 1890 waren 878 Kinder unterzubringen.
Es mußte gehandelt werden:
Kunnersdorf bekam 1892 eine selbständige
einklassige Volksschule.
In Neurode wurde 1903 die Kaiser-Franz-Josef-Schule eingeweiht mit 4 Klassenzimmern,
Lehrmittelzimmer, Handarbeitsraum und Lehrerwohnung. Der
Baumeister war E. Schäfer aus Reichenberg.
" In ihrer Art, sowohl was Schönheit
der Lage als auch Zweckmäßigkeit und Modernheit der
Einrichtung anbelangt, einzig dastehend, bildet sie eine
hervorragende Zierde der ganzen landschaftlich ... schönen
Gegend." So steht es in der Heimatskunde, und ich denke,
das spricht den Neurodern aus dem Herzen. Schulleiter waren
nacheinander Josef Seibt, Johann Wawersich, Raimund Heidrich
und Adolf Appelt.
Kaiser-Franz-Josef-Schule in Neurode 1901
Über die neue Maffersdorfer Schule steht
in der Heimatskunde: " Das zweistöckige Schulhaus ist
ein wahrer Palast, eine der schönsten Zierden des Ortes und
ein beredtes Zeugnis von der Opferwilligkeit und
Schulfreundlichkeit seiner fortschrittlich gesinnten Bewohner.
Im Schulhaus sind zwei selbständige Schulen, eine Knaben- und
Mädchen- Volks- und Bürgerschule, und ein Kindergarten
untergebracht."
Maffersdorf -
Schule
Leiter der Knabenschule waren Josef Michler,
Reinhold Salvetter, Johann Dejmek, Heinrich Pfeifer, Franz
Schwarz.
Der Mädchenschule standen vor Karl
Schicht, Paul Spandrsik, Paula Fröde und Marie Kleinert.
Als Kindergärtnerinnen konnte ich folgende
Namen finden: Leopoldine Weeber, Antonie Stajsny, Emma
Altmann, Fritzi Wundrak.
Daß diese Schule auf das beste
ausgestattet war, braucht nicht erwähnt zu werden, und viele,
die dieses Büchlein noch lesen werden, haben ja ihre eigene,
lebendige Erinnerung an das Haus. Stellvertretend für sie
möchte ich Sieglinde Wöhl zu Wort kommen lassen. Mit der
Mundart werden sich einige schon plagen müssen, aber sie muß
in einer Dokumentation über Maffersdorf natürlich auch
"dokumentiert" werden.
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