Marthaheim und Siechenhaus

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Wenn ich schon bei Doktoren und Apotheke bin, will ich noch etwas über eine besondere soziale Einrichtung Maffersdorfs sagen:

DAS MARTHAHEIM UND SIECHENHAUS

Jedem Maffersdorfer waren diese beiden imponierenden Gebäude auf der Höhe ein Begriff und wohlbekannt. Wenn man " über den Berg in die Stadt " ging, mußte man daran vorbei. Heute hält die Straßenbahn vor dem Haus, ehe sie auf die eine oder andere Seite den Berg hinunterrattert.

Über das Marthaheim habe ich eine sehr gute Beschreibung in der Heimatskunde gefunden und dabei stoßen wir gleich wieder auf zwei bekannte Namen: "Das Armenwesen ist in Maffersdorf gut geregelt. Bereits im Jahre 1900, also noch vor der Vereinigung der beiden Gemeinden wurde über Anregung des Distriktarztes Dr. E. Molitor das Elberfeller Armenpflege System eingeführt, welches sich dank der opferwilligen Arbeitsfreudigkeit der zahlreichen Armenväter, bisher bestens bewährt." Ich füge ein: Dieses System (1853 in Elberfeld/ Wuppertal eingeführt) stand auf zwei Beinen; der behördlichen Organisation und der ehrenamtlichen Arbeit der Armenpfleger. Ich nehme an, daß dieses System bis 1938 in Maffersdorf angewendet wurde. "Das von der Frau Martha Ginzkey gestiftete Armenversorgungshaus und Siechenheim wurde i.J. 1904 der Gemeindeverwaltung übergeben und am 3.Juli feierlichst eröffnet. Es befindet sich in herrlicher, allseits freier, aussichtsreicher Lage am Bergwege nach Reichenberg. Es ist nach den Plänen des Reichenberger Baumeisters Ernst Schäfer im modernen Stile ausgeführt und umfaßt ein Keller- und ein Erdgeschoß sowie zwei Stockwerke. Im Kellergeschoße sind die Wohnung des Hausmeisters, ein Badezimmer, eine sehr geräumige Küche, ferner eine Waschküche, eine Niederdruck-Heizanlage für Warmwasserheizung, eine Pumpe, von welcher aus das ganze Gebäude durch ein auf dem Dachboden angebrachtes Reservoir mit Wasser versehen wird, endlich die nötigen Keller- und Vorratsräume untergebracht. Ein Speisenaufzug führt aus dem Kellergeschoß bis in das oberste Stockwerk. Im Erdgeschoße und in den beiden Stockwerken sind je 7 Wohn- und ein Krankenzimmer, insgesamt also 24 Zimmer mit einem Belagraume von 54 Personen eingerichtet. Die nur an der Ost- und Südseite gelegenen Zimmer sind alle licht und freundlich und münden in eine altdeutsche Diele, welche als Speise- und Gesellschaftszimmer gedacht ist. Die Kosten des Baues samt vollständiger Einrichtung betragen rund 120.000 Kronen; außerdem hat die edle Stifterin zur Erhaltung und Verwaltung des ihren Namen auf immerwährende Zeiten tragenden Versorgungshauses der Gemeinde Maffersdorf den Betrag von 30.000 Kronen gewidmet. Die Besetzung des obersten Stockwerkes hat sich die Stifterin selbst vorbehalten; hier werden auf ihre Kosten solche verarmte und unbescholtene Personen verpflegt werden, deren Angehörige in der Firma Ginzkey lange Zeit in Arbeit waren, oder der Stifterin aus sonstigen Gründen berücksichtigungswert erscheinen. Die Gemeinde ließ im Vestibule des Versorgungshauses eine Erinnerungstafel anbringen, welche folgenden Wortlaut hat: Der edlen Stifterin dieses Hauses, Frau Martha Ginzkey, gewidmet von der dankbaren Gemeinde Maffersdorf."

Ab 1906/1907 stand dann daneben das "Kaiser-Franz-Josef-Jubiläums-Bezirks-Siechenhaus". In ihm fanden Kranke und Pflegebedürftige Aufnahme und Hilfe. Ich habe keine Beschreibung davon, aber wenn man das Haus anschaut, kann man sich vorstellen, daß es dem Marthaheim in nichts nachstand. Herr Egon Hawel schaute als Hausmeister nach dem Rechten. Seit 1912 bis zur Vertreibung war Herr Wenzel Schille Herr über den großen Garten und Park des Siechenhauses. Seine Tochter Elly Schille-Kallaus schrieb mir: "Es war viel größer als das Marthaheim, beherbergte bis an die 300 Pfleglinge, hatte einen Verwalter, Hausmeister und Gärtner, 20 geistliche Schwestern und weltliches Personal waren für die Küche und Pflege zuständig. Nach 1939 unterstand dieses Haus dem Landrat von Reichenberg."

Gar manche ältere Maffersdorfer Herren werden sich an die schöne Kapelle erinnern, in der sie dem Katecheten Sommer bei der Messe ministrierten.

 

 

Copyright © by Inge Schwarz 1993 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND