Die Peukert-Schmiede

[Zurück] [Weiter]

ZUR ÜBERSICHT

ZUM SEITENENDE

 

Die Peukert-Schmiede

Es ist ganz erstaunlich, wie oft man auf "den Wegen durch Maffersdorf" auf den Namen I. Ginzkey stöβt. Frau Elisabeth Prechtl geb. Peukert schrieb mir: 
"Die Peukert-Schmiede ist 1871 auf Betreiben des Herrn I. Ginzkey entstanden.
Er hatte meinen Urgroβvater Franz Peukert - die Peukerts stammen aus Böhmisch-Aicha und waren in mehreren Generationen Schmiede - bewogen, in Maffersdorf zu bauen und sich fest niederzulassen."

Der Familienbetrieb Peukert konnte 1991 in Warmensteinach sein 120jähriges Bestehen feiern. Ich bringe nun hier einiges aus der Festschrift von 1971 und einem Zeitungsartikel von 1991.

Als sich Franz Peukert in Maffersdorf selbständig machte, war das Huf- und Wagenschmiedehandwerk seine Haupteinnahmequelle. Sein Sohn Josef, geboren 1862, erlernte auch diesen Beruf und setzte die Familientradition fort. Er übernahm den Betrieb des Vaters, starb aber schon 1904. Sein Sohn Erwin war damals erst zehn Jahre alt. Mit Hilfe eines guten Meisters und einiger Gesellen führte die Witwe das Geschäft weiter bis der Sohn Erwin nach dem ersten Weltkrieg die Schmiede übernehmen konnte. Er hatte als Junge schon fleiβig in der Werkstatt mitgearbeitet und die Lehrzeit hinter sich gebracht. Zusätzlich absolvierte er in Prag verschiedene Fachlehrgänge mit Auszeichnung. Der Peukert-Schmied und der Porsche-Klempner waren in Maffersdorf an der Hauptstraβe Nachbarn. Als Erwin Peukert ein Schuljunge und Lehrling war, kam Ferdinand Porsche zweimal mit seinem Auto von Wien nach Maffersdorf. Man kann sich leicht vorstellen, was das damals für den Nachbarsbuben bedeutete, und es wird nicht verwundern, daβ er die Weiterentwicklung verfolgte. So war ihm bald klar, daβ die Tage des Schmiedehandwerks gezählt waren. Es muβten neue Möglichkeiten gesucht werden, und sie wurden gefunden.

Mit den damals modernsten Federhämmern schmiedete er zunächst Formenzangen für die Gablonzer Glasindustrie. Gelegentlich fertigte er auch Fleischgehänge und Wurstkessel, damals freilich noch aus Kupfer oder Schmiedeeisen. Neugierig wurde Erwin Peukert, als er von einem Stahl erfuhr, der nicht rosten sollte. Er erkannte sofort, daβ man damit nun Gerätschaften für Metzger fertigen konnte, die nicht nur sehr hygienisch, sondern auch von langer Lebensdauer waren. So entstanden 1928 die ersten Kochkessel aus rostfreiem Edelstahl. Es folgten Fleischhaken, Ladentischkonsolen, Beile und Rückenspalter. Die Spezialisierung für das Metzgerhandwerk hatte für die Firma Peukert ihren Anfang genommen.

Die groβe Wirtschaftskrise der 30er Jahre überstand das Unternehmen relativ gut, aber der Beginn des zweiten Weltkrieges stoppte jäh seinen weiteren Aufwärtstrend; Edelstahl wurde Mangelware, und viele Mitarbeiter wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Auch die beiden Söhne Max und Erwin muβten an die Front. Im Jahr 1946 fand sich die Familie heimat- und mittellos und durch die Vertreibung seelisch gebrochen in Bayreuth wieder. Die Verantwortung gegenüber seiner Familie und sein ungebrochener Wille, die Firma nicht untergehen zu lassen, lieβen Erwin Peukert nach der glücklichen Heimkehr seiner Söhne aus dem Krieg an einen Wiederbeginn glauben. Wieder war es eine Schmiede, in der die ersten Erzeugnisse entstanden. Als nach der Währungsreform wieder rostfreier Edelstahl geliefert wurde, konnte die Produktion von Metzgereinrichtungen erneut aufgenommen werden. Die Tochter Elisabeth besuchte mit dem Rad oder der Bahn die Kunden und trug so wesentlich zum Erfolg des Neubeginns bei. Erwin Peukert starb leider schon 1962 mit 68 Jahren, das erneute Aufbauwerk hatte seine Kräfte verzehrt.


Die Peukert-Betriebsfamilie 1971

Nach dem Tode des Vaters wurde die Firma von seinen drei Kindern Elisabeth, Max und Erwin übernommen und weitergeführt. Geprägt durch die harte Schule der Vergangenheit, die in dieser Zeit erlangte fachliche Ausbildung und vor allem durch das groβe Vorbild des Vaters, legten sie die entscheidenden Grundsteine für die weitere kontinuierliche Aufwärtsentwicklung des Unternehmens. Auf dem 14000 Quadratmeter groβen Firmengelände wurden im Durchschnitt alle fünf Jahre Erweiterungsbauten und neue Produktionshallen erstellt.

Inzwischen ist mit Wolfgang Peukert, dem Sohn von Max Peukert, schon wieder die nächste Generation in die Fuβstapfen der Vorfahren getreten. Er konnte 1991 in der Festansprache zum 120jährigen Bestehen der Firma Peukert die gröβte "Peukert-Betriebsfamilie" begrüβen, die es je in der Firmengeschichte gab. Die Belegschaft zählt mehr als 180 Mitarbeiter. Qualität und Erfindergeist zeichnen dieses Warmensteinacher Familienunternehmen aus, das weit über die Grenzen Bayerns und Deutschlands hinaus bekannt ist. Inzwischen gehören neben den Metzgereien auch Bäckerläden und Fischgeschäfte zu den Kunden.

Wenn man da so auf das Jahr 1870 zurückschaut, muβ man sagen, Ignaz Ginzkey war ein Menschenkenner, und er hat schon gewuβt, wen er sich nach Maffersdorf holte.

 

Copyright © by  I  n  g  e  S c  h  w  a   r  z    1 9  9  4  (Heimatstelle Maffersdorf)

Zurück ] Nach oben ] Weiter ]

 ZUM SEITENANFANG    ZUM INHALTSVERZEICHNIS    ZUR ÜBERSICHT    ZUR HEIMATSEITE

 

MAFFERSDORF - Marktgemeinde im Landkreis Reichenberg - SUDETENLAND