Der Kanonier Franz Lange

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DER KANONIER FRANZ LANGE
(ca. 1742 - 1825)

In allem Haβ und Streit hab ich auf Gott vertraut.
(nach A. Jäger)

 

Als einen für unsere Ortschaften merkwürdigen alten Krieger nenne ich den Kanonier Franz Lange aus dem Bauernhause Nr.100 (500) in Maffersdorf l.N.

Die hohe Gestalt in der Artilleristenuniform nach altem Schnitt, mit dreieckigem Hute, die goldene Medaille auf der Brust, das Silberhaar in einen Zopf geflochten, wie er als pensionierter Feuerwerker öfters den Vater besucht, als Vetter dem kleinen Knaben Äpfel mitbringt, wie er dann in starkem Tone Kriegserlebnisse erzählt, wobei er oft in Feuer gerät und ihm alles aufmerksam zuhört - sie haftet fest in meinen Jugenderinnerungen. Dieser alte Kriegsmann hatte aber auch seine Pension von täglich einem Zwanziger und jährlich 6 Klafter Holz redlich verdient, denn er hatte unter 4 Kaisern nicht weniger denn 61 Jahre als Kanonier gedient; dabei hatte er sich in das militärische Wesen so hineingelebt, daβ er zu Hause nur Langeweile empfand und oft bereute, nicht in der Garnison geblieben zu sein.

Kaum 16 Jahre alt, wurde Lange im Siebenjährigen Kriege (1756-63) ausgehoben und muβte mit anderen Rekruten nach Wien marschieren, wo die junge Mannschaft von der Kaiserin Maria Theresia gemustert wurde. - Die einnehmende hohe Frau gewann die Herzen der Soldaten durch ihr teilnehmendes, gütiges Wesen und durch ihre freundliche Zusprache, womit sie dieselben als ihre Kinder anredete, so daβ diese deutschen Jünglinge dann freudig für sie in die Schlacht zogen. Gegen ihre Umgebung äuβerte die Kaiserin: "Es ist schade um so junge schöne Leute, daβ man sie ins Feld schicken soll." Jeden Rekruten lieβ sie schlieβlich mit einem Marienzwanziger beschenken, den die meisten als teures Andenken bewahrten. Unser Lange gab den seinigen erst notgedrungen aus, als er in einer verlorenen Schlacht von seiner Truppe versprengt wurde und lange umherirren muβte, bis er sie wieder fand.

Vorzüglich in Erinnerung lagen ihm die Ereignisse des letzten Türkenkrieges, und wenn er davon erzählte, konnte man die Kampflust aus seinem ganzen Wesen sehen. So beschrieb er die Einnahme von Belgrad (8.10.1789): "Es war die furchtbarste Kanonade, die ich jemals mitgemacht; während 300 Kugeln in die Festung einschlugen, sausten andere 300 im Fluge durch die Luft dahin und 300 wurden schon wieder abgefeuert. So war's nicht lange fortgegangen, als man die weiβe Fahne aufstecken sah, womit der Pascha die Übergabe der Festung anzeigte."

Von der unteren Donau ward Lange sodann vom Kriegsgeschick nach "spanisch Niederland" (wie man Belgien nannte) verschlagen. Dort stand er an der Maas und an der Schelde bald den Franzosen gegenüber, welche eben den Anlauf zu den welterschütternden Revolutionskriegen nahmen. Nachher traf ihn das Los, mit der Armee in Italien die Schläge des neuen Weltstürmers Bonaparte auszuhalten. Unter Wurmser war er 1796 mit in Mantua eingeschlossen, als diese Festung von den Franzosen ausgehungert wurde. Seine Schilderungen von der daselbst ausgestandenen Not waren ergreifend. Am 2. Februar 1797 wurde kapituliert, und die erschöpfte Besatzung ging am Stabe aus der Festung. - Zuletzt hatte der in der Uniform ergraute Veteran 6 Jahre zu Venedig in der Garnison gelegen. Hievon bemerkte er, daβ dort die Soldaten geringschätzig behandelt wurden.

Zu Hause machte er sich eine kunstreiche spanische Wand in sein Zimmer, darauf schrieb er den Reim:

In allem Haβ und Neid
hab ich auf Gott vertraut,
und hab zu meiner Freud
mir diese Wand erbaut.
Laβ Neider neiden, Hasser hassen,
Gott wird dich dennoch leben lassen.

 

 

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