KOMM.-RAT
MAG. BRUNO SCHILLER
( * 1924 )
Ein
Kunststudent ist für den Aufbau Österreichs nicht notwendig.
aus Briefen
und einem Lebenslauf
Nach dem
Besuch der Volks- und Bürgerschule ging Bruno Schiller mit 14
Jahren an die Kunstgewerbeschule nach Gablonz. Sein dortiger
Professor riet ihm nach drei Jahren, seine Ausbildung an der
Reichshochschule für angewandte Kunst fortzusetzen. So geht
der junge Maffersdorfer aus den Ginzkeyhäusern an der Straße
zum Siechenhaus 1941 in die Groβstadt Wien. Im Dezember
1942 kommt der Ruf an die Front; Ruβland, Verwundung,
Südfrankreich, Nordfrankreich, Invasion, Gefangenschaft. Da
er in der Gefangenschaft von der Vertreibung der
Sudetendeutschen erfährt, läβt er sich 1946 nach Wien
entlassen. Um als Ausländer dort Lebensmittelkarten zu
bekommen, arbeitet er als Hilfsarbeiter am Bau. Schlieβlich
bekommt er wieder eine Studiengenehmigung, muβ aber als
Sudetendeutscher - und damit staatenlos - dreifache
Studiengebühren bezahlen. Kurz darauf kommt ein Schreiben vom
Ministerium, daβ der Aufenthalt eines Studenten der
angewandten Kunst für den Wiederaufbau Österreichs nicht
notwendig ist und er daher mit der Repatriierung in die BRD zu
rechnen habe. Er heiratet 1948 eine Wiener Kollegin und sie
gründen eine Goldschmiedewerkstatt. 1952 beendet Bruno
Schiller sein Studium und widmet sich zunächst dem Aufbau des
Exportes der Erzeugnisse aus der gemeinsamen Werkstatt. Die
Aufträge sind gut, und so kann er bald seinen ehemaligen
Professor aus Gablonz als Werkstattleiter einstellen. Die Zahl
der Arbeiter und Angestellten wächst auf 46. In dieser Zeit
wird er Beisitzer in der Meisterprüfungskommission. 1966 kann
er ein 1806 gegründetes Juwelengeschäft am Stephansplatz in
Wien kaufen. Es bleibt nicht aus, daβ ein bekannter und
fähiger Mann mit Ämtern und Ehrenämtern betraut wird. Ich
will sie nicht alle aufzählen. Auf jeden Fall ist
Kommerzienrat Magister Bruno Schiller seit 1975
Bundesinnungsmeister der Gold- und Silberschmiede, Juweliere
und Uhrmacher und ist der Österreichische Vertreter in der
Internationalen Vereinigung der Goldschmiede und
Edelsteinfachleute geworden und drei Jahre ihr Präsident
gewesen. Von 1981 bis 1990 war er im Finanzausschuβ der
Kammer Wien
und neun Jahre Ausgleichsverwalter beim Handelsgericht in
Wien.
Mit 71 Jahren
hat er seine Werkstatt aufgegeben, das Geschäft führt die
Tochter weiter, "und ich bin in Pension".
Für seine
Verdienste erhielt er das Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien
und der Republik Österreich, das Gro βe
Silberne Ehrenzeichen der Kammer Wien und den Ehrenring der
Landesinnung Wien der Gold- und Silberschmiede und Juweliere.
Offensichtlich war der sudetendeutsche Kunststudent für
den Wiederaufbau Österreichs nun doch notwendig, oder?
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