Wallensteins Bedeutung für Nordböhmen

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9. Wallensteins Bedeutung für Nordböhmen

Von den vielen Heerführern des 30jährigen Krieges hatte einer eine besondere Bedeutung für die Deutschen in Böhmen: Wallenstein. Der 1583 in Hermanitz a.d. Elbe geborene Albrecht von Waldstein entstammte trotz dieses Namens einem alten tschechischen Geschlecht. Zunächst auf der lutherischen Lateinschule in Goldberg/Schlesien und dann der protestantischen Universität zu Altdorf bei Nürnberg erzogen, geriet er später in Rom durch die Jesuiten in den katholischen Kulturkreis. Durch Heirat wurde der mittellose ostböhmische Junker zu einem mährischen Groβgrundbesitzer. Seine zweite Frau öffnete ihm den Weg in den Hochadel. In jenen Jahren schon beschäftigte er sich als groβer Wirtschaftsunternehmer. Das Soldatische war dabei Mittel zum Zweck. Er arondierte seine Güter und überlegte, wie man als Privatmann an dem vom Staat für den Krieg vergeudeten Geld verdienen könne. Er kaufte, verkaufte, tauschte und hatte in wenigen Jahren in Nordostböhmen einen fast zusammenhängenden Besitz von der oberen Elbe, wo seine alten Erbgüter lagen, bis wieder an die Elbe. Allein die Herrschaft Friedland zählte an die 60 Güter. 

Während des 30jährigen Krieges bot Wallenstein, wie er sich dann nannte, seinem kaiserlichen Freund Ferdinand II. an, für ihn ein Heer zu werben. Und er stellte ein modernes, geordnetes, in Regimenter gegliedertes Heer auf, das gleiche Waffen und gleiche Helme und Hüte trug. Eine geregelte Verwaltung sorgte dafür, daβ Unterbringung, Verköstigung und Besoldung gesichert waren. Das forderte eine eiserne Disziplin, die man nur erreichte, wenn man die Soldaten pünktlich bezahlte und nicht hungern lieβ. Das Geld brachte Wallenstein durch harte, aber geregelte Kontributionen auf. Das Geld floβ in die Kassen des Wallenstein'schen Heeres, von dort in die Kassen seiner böhmischen Güterverwaltung. Diese lieferte, was das Heer brauchte. Kriegsmaterial jeder Art wurde in Nordböhmen erzeugt. Die Pulvermühlen, Schmieden, Tuchmachereien und Sattlereien arbeiteten in einem bisher nicht üblichen Umfang. So entstand in Nordböhmen das erste geschlossene Wirtschaftsgebiet Mitteleuropas, das einheitlich aufgebaut und von staatswegen gefördert wurde. Zu etwa zwei Dritteln fiel diese friedländische Wirtschaftsprovinz in deutsches Sprachgebiet. Die Erträge der Kriegswirtschaft waren so groβ, daβ auch andere Erwerbszweige davon profitierten, etwa die Glasschleiferei, die Tuch- und Leinenweberei, die Papierherstellung. So kurz diese Blüte währte - nur ein halbes Menschenalter - für die weitere Entwicklung Böhmens und vor allem Deutschböhmens war sie schicksalhaft. Ich beleuchte hier nicht das Kriegsgeschick Wallensteins und seinen Tod. Ganz gleich in welchem Licht man seine Person sieht, für die Sudetenländer bleibt er ein lebendiger Zeuge der engen Verbindung deutschen und slawischen Volkstums zur "böhmischen Nationalität", die sich damals noch in ein und derselben Person vollziehen konnte.

 

Copyright © by Inge Schwarz 1997 (Heimatstelle Maffersdorf) 

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